Schweizer stimmen über Rundfunkbeiträge ab

Am 4. März 2018 stimmen die Schweizer über die Rundfunkbeiträge – und damit über Wohl und Wehe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks SRG ab. Eine Sternstunde der Demokratie ist dies jedoch mitnichten. Die Abstimmung kommt zustande, weil die rechte Partei SVP und sechsstelligen Spenden eines Autoimporteurs eine Anti-SRG Werbekampagne startete. Benannt nach der Einzugsbehörde hat die „No-Billag“-Initiative die Stimmung im Land gegen öffentlich finanzierte Medien angefacht. Eine konstruktive Lösung für Probleme, die es auch in der Schweizer SRG gibt, scheint außer Reichweite. Es droht das Ende der SRG – und damit eines fast werbefreien Qualitätsprogramms. Dass dieses durchaus kritikwürdig ist, schildert Kaspar Surber kenntnisreich in einem Beitrag zur NoBillag Intitiative und der rechten Stimmungsmache in der Le Monde diplomatique bzw. der taz.

12. Februar 2018 von Christine Horz
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IALANA-Konferenz der kritischen Juristen: Was kann das Publikum tun? Teil II

Am 26.-28. Januar 2018 traf sich die deutsche Sektion der Vereinigung der Juristen gegen Atomwaffen (IALANA) in Kassel zur Jahreskonferenz. Dabei ging es um „Krieg und Frieden in den Medien“ – ein hochaktuelles Thema.

Zwei Vorträge möchten wir hier im Wortlaut veröffentlichen, weil sie auf eindringliche Weise darlegen, dass die Beschwerdestrukturen der öffentlich-rechtlichen Medien sowie die Gremien unbedingt reformiert werden müssen. Dank an die Autoren!

Die Beiträge können durchaus kontrovers diskutiert werden –  freuen uns auf Ihre Kommentare!

 

Wie kann gegen Programmverstöße im öffentlich-rechtlichen Programm vorgegangen werden?

(Friedhelm Klinkhammer)

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
nach Volker Bräutigams Vortrag nun von mir ein paar Anmerkungen zur Frage, wie gegen Programmverstöße im öffentlich-rechtlichen Programm vorgegangen werden kann und wie unsere Erfahrungen damit in den letzten vier Jahren aussahen. Um es vorweg zu nehmen: Es gibt für den einzelnen Bürger keinerlei rechtliche Handhabe, die öffentlich-rechtlichen Anstalten zur Einhaltung der gesetzlich festgelegten Programmgrundsätze zu verpflichten. Also auch nicht mit einer Klage. Hierfür fehlen die gesetzlichen Grundlagen. Der vormalige Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Peter Vonnahme stellte im Zusammenhang mit den Rundfunkbeitragsklagen – ein weiterer Komplex der Unzufriedenheit der Bürger mit dem Rundfunk – die Rechtslage knapp und treffend dar: „Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht kann (…) prinzipiell nur dann erfolgreich sein, wenn der Kläger geltend machen kann, dass er in seinen eigenen subjektiven Rechten verletzt ist (…) die der Gesetzgeber ausdrücklich ihm, dem Beitragszahler, einräumen muss. Das sieht die geltende Rechtsordnung aber nicht vor. (…) Der Einzelne hat rechtsdogmatisch nur ein Interesse, aber kein einklagbares Recht auf fehlerfreie Berichterstattung.“ Dass das Presserecht – Gegendarstellung, Widerruf und Unterlassungsverpflichtung – ebenfalls nicht anwendbar ist, ergibt sich entsprechend: Der einzelne Zuschauer dürfte kaum namentlicher Adressat einer Ungesetzlichkeit seitens der Tagesschau sein. Es sei denn, die Berichterstattung der Tagesschau könnte juristisch als Beleidigung der Beitragszahler qualifiziert werden, was ja leider nicht möglich ist.

Die einzige Institution, die wirksam über die Rechtskonformität von Programmen befinden kann, ist der Rundfunkrat der jeweiligen Sendeanstalt. Dieses wichtige Gremium hat umfassende Kompetenzen: Es darf nicht nur über Programmverstöße befinden, sondern noch vieles andere mehr: zum Beispiel Intendanten wählen und abberufen oder über die Finanzen einer Anstalt mitentscheiden. So ein Rundfunkrat wie der im NDR setzt sich zusammen aus Repräsentanten sogenannter „gesellschaftlich relevanter Gruppen“: Es sind unter anderem die Vertreter politischer Parteien, der Freien Berufe, der Kirchen, der Heimatverbände, der Landfrauenvereine, der Umweltschützer, des Stasi-Schutzverbandes sowie Funktionäre aus den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden. Unter dieser Tarnung stecken oft aktive oder in den Ruhestand gewechselte Parteipolitiker. Umrahmt wird das Ganze von vier – nicht stimmberechtigten – Beamten aus den Staatskanzleien der Staatsvertragsländer Niedersachsen, Mecklemburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein, die als Aufpasser der Ministerpräsidenten jederzeit vom Gremium angehört werden müssen. Die Besonderheit: Keiner der Räte ist unmittelbar gewählt, alle nur entsendet, also fern der sonst üblichen demokratischen Legitimation. Zugespitzt ausgedrückt: Eine kleine Schar willkürlich ausgeguckter Interessenvertreter bestimmt über die Geschicke des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die normalen Rundfunkbeitragszahler – also die Finanziers des Rundfunks – sind dabei völlig ausgesperrt. Sie dürfen lediglich Zuschauerbriefe, Bittschriften oder Beschwerden an den Intendanten oder an den Rundfunkrat richten. Mehr ist für sie nicht drin.

Das Eingaberecht in Paragraph 13 des NDR-Staatsvertrages ist dem Petitionsrecht in Artikel 17 des Grundgesetzes nachgebildet. Dort heißt es: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft (…) mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen (…) zu wenden.“ Nimmt der Beitragszahler diese Möglichkeit in Anspruch, hat er zwar das Recht auf eine sachliche Prüfung mit Antwort. Anspruch auf eine Begründung der Entscheidung hat er hingegen nicht. Sie wird ihm auch bei Aufforderung nicht erteilt. Das erinnert an Wilhelminische Zeiten, an Obrigkeitsstaat und Untertanengeist. Der frühere Bundespräsident Roman Herzog meinte etwas spöttisch, das Eingaberecht habe lediglich die Funktion des „Herz-ausschütten-Könnens“. Im Kern ist die Behandlung einer Petition ein Gnadenakt und im Ergebnis meist gnadenlos. Der NDR-Rundfunkrat hat bisher keiner einzigen von hunderten unserer Programmbeschwerden über ARD-aktuell stattgegeben. Allein dieses Ergebnis widerspricht jedem statistischen Wahrscheinlichkeitsprinzip und aller Lebenserfahrung. Der hier zum Ausdruck kommende Unfehlbarkeitsanspruch hängt mit dem Selbstverständnis des Rundfunkrates, seiner fehlenden fachlichen Programmkompetenz, dem Umgang mit Beschwerden gemäß seiner selbstgegebenen Geschäftsordnung und seinem einzigartigen Privileg zusammen, dass Rundfunkratsbeschlüsse in Programmfragen keiner rechtlichen Überprüfung zugänglich sind. Die 58 Ratsmitglieder müssten sich eigentlich formell mit jeder einzelnen Programmbeschwerde befassen. So etwas ist erfahrungsgemäß mit Arbeit und Fachwissen verbunden, die bei bunt zusammengewürfelten und ehrenamtlichen Multifunktionären kaum zu erwarten und auch nur selten zu beobachten sind. Deshalb auch im Rundfunkrat die gängigen Arbeitsvermeidungsstrategien, die wir aus vielen Gremien in anderen Bereichen kennen.

Und so sehen sie im Rundfunkrat konkret aus: Der Vorsitzende darf selbst befinden, ob eine Programmbeschwerde überhaupt eine Beschwerde ist. Meint er das, dann übermittelt er sie dem Intendanten. Der soll eine Stellungnahme abgeben und sie dem Beschwerdeführer innerhalb eines Monats zusenden. Der Intendant prüft nicht selbst, was es mit der Beschwerde auf sich hat. Er gibt sie direkt an den Problemverursacher weiter, in unseren Fällen an den ARD-aktuell-Chefredakteur. Selbstredend weist der jede Kritik an seinem Produkt zurück, in ureigenem Interesse, nach dem Motto: „Ich habe Recht, die Beschwerdeführer haben kein Recht“. Oder böse ausgedrückt: Es wird der Bock zum Gärtner gemacht. Die Stellungnahme des Chefredakteurs reichert der Intendant dann mit einem Begleitschreiben an, in dem er sinngemäß zum Ausdruck bringt: „Ich sehe das auch so“ und schickt alles zusammen als formelle Antwort an den Beschwerdeführer. Dem so Bedienten wird großmütig das Recht zugestanden, einen zweiten Anlauf zu machen. Er darf, falls ihm der Appetit nicht vergangen ist, dem Rundfunkrat mitteilen: „Die NDRStellungnahme gefällt mir nicht, bitte befassen Sie sich selbst mit meiner Beschwerde.“ Erst dann muss der Rundfunkrat wohl oder übel doch noch ran. Genauer gesagt: Er musste. Als im vorigen Jahr die Programmbeschwerden immer zahlreicher wurden, passierte das, was immer passiert, wenn der Bürger von seinem Recht gar zu nachdrücklich Gebrauch macht: Die Herrschaften änderten das Verfahren zu ihren Gunsten ganz im Sinne ihres Verständnisses von demokratischer Teilhabe ab.

Konkret sah das so aus: Die bedeutsamste Beschwerdeart, nämlich die wegen Nachrichtenunterdrückung, wird einfach nicht mehr als „Beschwerde“ gewertet, sondern nur noch als „Anregung für das Programm“. Er, der Rundfunkrat, so bekamen wir es von ihm als Begründung vorgehalten, sei nicht befugt, den Redaktionen vorzugeben, was sie zu senden hätten. Das sei ein unzulässiger Eingriff in die redaktionelle Gestaltungsfreiheit. Unseren Widerspruch, es ginge doch lediglich darum, im Nachhinein eine Nachrichtenunterschlagung festzustellen und keineswegs um einen Eingriff ins Programm, ließ das Gremium nicht gelten, und das, obwohl in Paragraph 18 des NDR-Staatsvertrages ausdrücklich bestimmt ist, dass der Rundfunkrat „feststellen (kann), dass einzelne Sendungen gegen Anforderungen (wie das Gebot der umfassenden Information) verstoßen, und den Intendanten oder die Intendantin anweisen dürfen, einen festgestellten Verstoß nicht fortzusetzen oder künftig zu unterlassen“.
Der Rundfunkratsvorsitzende blieb bei seinem Taschenspielertrick und teilte uns lapidar mit, er habe unsere Beschwerde als „Programmanregung“ an die zuständige Redaktion weitergegeben; eine Befassung im Rundfunkrat sei damit gegenstandslos. Diese Verfahrensweise sei mit der Staatskanzlei des Ministerpräsidenten Weil aus Niedersachsen so abgestimmt. Falls Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, nun sprachlos sind: Wir waren es auch. Es war klar, was mit einer zur „Anregung“ umgetauften Beschwerde in der betreffenden Redaktion passiert: Sie kriegt zwei Löcher in den Rand und wird auf Nimmer-Wiedersehen abgeheftet. Der Petent bekommt ein ebenso freundliches wie abschlägiges Schreiben vom sogenannten „Publikumsservice“ der Tagesschau und fertig ist die Laube. Selbstverständlich verstößt diese Restriktion gegen den Wortlaut der Geschäftsordnung des Rundfunkrats (GO). Deshalb erhoben wir Klage beim Verwaltungsgericht in Hamburg. Das Gericht belehrte uns jedoch, dass wir aus der Geschäftsordnung des Rundfunkrats keine Ansprüche ableiten könnten. Die gelte nur für innere Angelegenheiten des Gremiums und begründe kein Recht für Außenstehende. Im Klartext: Der Rundfunkrat kann in seine GO hineinschreiben, was er will und hernach auch herauslesen, wie es ihm passt. Für den Rundfunkkunden hat das keinerlei rechtliche Bedeutung. Das, so versuchte das Gericht zu trösten, sei eine deutsche Spezialität, in anderen europäischen Ländern sehe es anders aus. Mängelbeschwerden behandelt der Rundfunkrat demnach nur noch, wenn sie tatsächlich gesendete Nachrichten betreffen, Beschwerden über unterdrückte Informationen, die klassische Methode der Manipulation, bleiben außen vor. Und das alles nach bewährter Art. Man nimmt sich zehn und mehr Monate Zeit. Dann erfolgt der ausnahmslos abschlägige Bescheid. Zu diesem Zeitpunkt ist der Anlass der Beschwerde wegen Zeitablaufs in aller Regel fast vergessen.

Wie ist es möglich, fragt man sich, dass 58 erwachsene und sicherlich normal intelligente Menschen papageienhaft und meistens einstimmig nachplappern, was ihnen das Management des Senders vorgibt? Ich habe jahrelang Erfahrungen im Rundfunkrat gesammelt, zeitweilig als nicht stimmberechtigter Gesamtpersonalrats-Vorsitzender, zeitweise als Referent einer NDR-Direktorin. Meine allgemeine Erkenntnis: Ein Rundfunkrat merkt schon in seiner ersten Sitzung, wo die Sonne scheint, zumal wenn ihm sofort eingetrichtert wird, dass er als Organ des NDR zu Loyalität verpflichtet ist. Und man will keinen Ärger haben, möchte sich nicht blamieren und die Privilegien des Amtes unbelastet genießen, zum Beispiel mit TVProminenten wie Anne Will entspannt plaudern oder NDR-Konzerten in der Hamburger Elb-Philharmonie lauschen. Den Programm-Machern ist man ohnehin mangels eigener Fachkompetenz in Programmfragen argumentativ unterlegen. Schon aus Eitelkeit will man sich den Mangel nicht auch noch beweisen lassen. Ein ehemaliger Justitiar des NDR prägte im Zusammenhang mit Rundfunkräten treffend die Beschreibung „Laienspielgruppe“. Deren Bild prägen freundlich-harmlose Jasager oder blasierte Wichtigtuer in einer Corona von Schweigern, die nie etwas zu sagen wissen, weil sie wegen ihrer vielen anderweitigen Funktionen kaum Zeit zur Vorbereitung auf die Rundfunkratssitzungen finden. Einige clevere und einflussreiche Strippenzieher formen die Willensbildung in den vermutlich informell noch bestehenden parteinahen Freundeskreisen vor, nach christdemokratischer beziehungsweise sozialdemokratischer Orientierung. Dort werden die wichtigen Entscheidungen nach dem Kungelprinzip „Freundeskreise“ im Voraus festgezurrt oder Kompromisse ausgehandelt: bei einer Intendantenwahl, bei der Wahl der Funkhausdirektoren, über den Haushalt oder über Programmstrukturen.

Die Verflechtung des Rundfunkrates mit der Politik wird zwar immer geleugnet, aber sie existiert selbstverständlich und erzeugt Abhängigkeiten und Anspruchshaltungen. Wie so etwas aussieht, habe ich häufig erlebt: Eines der Beispiele: Ein wichtiges SPD-Rundfunkratsmitglied – ich war damals selbst noch Parteigenosse – teilte mir freudig und hinter vorgehaltener Hand mit, er habe sich beim damaligen Ministerpräsidenten Schröder grünes Licht für den Beschluss über einen umstrittenen Personalvorschlag des Intendanten eingeholt. Es ging um einen Direktorenposten, also um die parteipolitische Beeinflussung der zweithöchsten Personalebene in einer Rundfunkanstalt. Und dieser parteipolitische Zugriff war kein SPD-Einzelfall, praktiziert wird dergleichen auch von den CDU-Polit-Kadern. Herausragendes Beispiel: Der Fall Brender beim ZDF. Um sich den Rücken vor unliebsamen Einflüssen freizuhalten, muss die Geschäftsleitung zwangsläufig darauf aus sein, die Rundfunkräte bei Laune zu halten, mit dem Nebeneffekt einer geschickten PR. Das kann dann so aussehen: Der NDR organisiert mit Image heischendem Gedöns eine Spendensammlung für wohltätige Zwecke, die dann im Programm unter der Losung beworben wird: Wir sind alle edel, hilfreich und gut. Wir wollen nur das Beste für die Abgehängten der Nation. In einem Fall, der erst ein paar Monate zurückliegt, kam das Einsammeln mildtätiger Spenden dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zugute und spülte 2 Millionen Euro in dessen Kassen. Den Vertreter des Wohlfahrtsverbandes im Rundfunkrat freute das natürlich sehr. Inwieweit die Spendeneinnahme seine Amtsausübung im Rundfunkrat beeinflussen könnte, steht auf einem anderen Blatt.
Aktionen mit ähnlichem Strickmuster zugunsten gesellschaftlich relevanter Gruppen im Rundfunkrat sind üblich und waren auch in der Vergangenheit keine Seltenheit. Ein ähnliches, etwas plumperes Schmankerl ist kürzlich auch beim WDR bekannt geworden: Einen Tag, bevor die Landesregierung eine Änderung des WDR-Gesetzes in erster Lesung in den Landtag eingebracht hatte – es geht um Mehreinnahmen des WDR von 60 Millionen Euro – waren die Abgeordneten des Landtags von Intendant Buhrow zu einem „parlamentarischen Abend“ eingeladen und bewirtet worden. CDU Landtagspräsident Andre Kuper dankte dem WDR für die Einladung. In seinem Grußwort hob der Präsident die Bedeutung der politischen Berichterstattung für eine „lebendige Demokratie“ hervor. Er setzte damit die Tradition seiner sozialdemokratischen Amtsvorgängerin fort, die 2015 – vor der Beratung genau jenes WDR-Gesetzes, das nun zu Gunsten des Senders wieder geändert werden soll – erstmals zu einem „parlamentarischen Abend“ des WDR eingeladen hatte. Sie ließ damals den Lobbyismus-Vorwurf zurückweisen. Die gebotene Staatsferne könne durch einen parlamentarischen Abend, so hieß es, nicht gefährdet werden.

Aber auch im umgekehrten Verhältnis gibt es plakative Beispiele vom innigen, inzestähnlichen Verhältnis zwischen Kontrolleuren und Kontrollierten: Der vorige NDR-Intendant (SPD) wollte sich, obwohl das wahrlich kein herausragendes Datum ist, zu seinem 60. Geburtstag mit höfischem Pomp feiern lassen. Als glanzvolle Begegnungsstätte mit Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur wählte er die altehrwürdige Hamburger Musikhalle. Die sicherlich nicht unbeträchtlichen Kosten dieser Fete trug der Gebührenzahler, mit Gremien-Zustimmung. Wir fanden damals, dass mindestens der Anfangsverdacht einer strafbaren Untreue vorliegen könnte. Der Intendant sah es für seine Person völlig anders. Er habe die Fete den Kontrolleuren lediglich vorgeschlagen und die hätten zugestimmt. Also könne man ihm keine Untreue vorwerfen. Wir sehen, für Rechtfertigungen ist kein Argument zu schade.

Was müsste sich ändern, wie wäre Schluss zu machen mit diesen Verhältnissen? Die Perspektiven sind wenig rosig. Das politische Establishment und die dahinterstehenden Eliten haben keinen Änderungsbedarf. Es läuft ja alles in ihrem Sinne. Systemkritischer Journalismus findet nicht statt. Konsequenterweise hat es seit 1991 keine nennenswerten strukturellen Änderungen am NDR-Staatsvertrag mehr gegeben. Nach 26 Jahren bilden noch immer dieselben vorgeblich relevanten Gruppen den Rundfunkrat. Es fehlen Wille und Fähigkeit unserer Volksvertreter, dem Rundfunkwesen anspruchsvoll-demokratische Strukturen zu verpassen. Selbst der Versuch, die nachträgliche Programmkontrolle auf externe Gremien zu verlagern, wie das beispielsweise in der Schweiz geschah, würde in Deutschland am Machtinteresse parlamentarischer Besitzstandwahrer scheitern.

Was tun? Die Auswahl ist nicht allzu groß, aber immerhin können wir Flagge zeigen und aufbegehren oder widersprechen. Öffentlich und hartnäckig. Zwar ohne Illusionen hinsichtlich der Wirkung auf Politik,
Rundfunkrat und Programm. Aber voll Vertrauen auf die Dynamik des Protests im gesellschaftlichen Diskurs.
Wir alte Männer können nichts weiter zum Fortschritt beitragen. Für den Barrikadenbau sind die Jüngeren zuständig. Aber was uns zu tun bleibt, das tun wir. So gut es geht.

 

02. Februar 2018 von Christine Horz
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IALANA-Konferenz der kritischen Juristen: Was kann das Publikum tun? Teil I

Am 26.-28. Januar 2018 traf sich die deutsche Sektion der Vereinigung der Juristen gegen Atomwaffen (IALANA) in Kassel zur Jahreskonferenz. Dabei ging es um „Krieg und Frieden in den Medien“ – ein hochaktuelles Thema.

Zwei Vorträge möchten wir hier im Wortlaut veröffentlichen, weil sie auf eindringliche Weise darlegen, dass die Beschwerdestrukturen der öffentlich-rechtlichen Medien sowie die Gremien unbedingt reformriert werden müssen.Dank an die Autoren!

Die Beiträge können durchaus kontrovers diskutiert werden –  freuen uns auf Ihre Kommentare!

 

„Können wir uns wehren? Was nützen Programmbeschwerden?
(Volker Bräutigam, Mölln)

Liebe kritisch-besorgte Anwesende,
nach allem, was wir hier schon besprochen haben: Was nützen eigentlich Programmbeschwerden? Bringen sie die ARD-aktuell dazu, die kriegsbereite Aggressivität des Westens nicht mehr als Einsatz für „Freiheit und Democracy“ zu verklären? Schaffen sie Abhilfe, wenn die Tagesschau große Friedensdemonstrationen in Ramstein und vor dem Reichstag in Berlin konsequent ignoriert? Oder wenn sie glatt unterschlägt, dass Deutschland in der UNO gegen die Abschaffung der Atomwaffen stimmte?
Friedhelm Klinkhammer und ich haben seit dem Putsch in der Ukraine mehr als 400 Beschwerden eingereicht. Nicht einer einzigen hat der NDR-Rundfunkrat stattgegeben. Was wir sonst noch erreicht haben, berichte ich gleich.
Wir beschränken unsere Kritik auf den Meinungsführer ARD-aktuell. Tagesschau, Tagesthemen und so weiter erreichen täglich mindestens zehn Millionen Menschen.
Adressat unserer Beschwerden ist der Rundfunkrat des NDR. Ihm obläge es laut Rundfunkstaatsvertrag, die Erfüllung des Programmauftrags und die Einhaltung der Programmrichtlinien zu überwachen. Stichworte: Umfassend informieren, sachlich, wahrheitsgemäß, die Völkerverständigung fördern, den Bürger zum selbständigen Urteilen befähigen.
De facto – Sie haben das schon diskutiert – bedient der Rat aber nur die Partikular-Interessen von CDU und SPD, mit allen schändlichen Konsequenzen fürs Programm. Seine Mitglieder tagen hinter verschlossenen Türen. Ihre Sitzungen und deren Ergebnisse lassen sie vom Management desselben Hauses organisieren und realisieren, dessen Produktqualität und Programmpolitik sie eigentlich überwachen sollten.
Fragt ein Rundfunkrat einen leitenden NDR-Mitarbeiter: „Haben Sie mal `ne Freikarte für mich bei Anne Will?“ Nun, es gibt auch noch schöne Sitzungsgelder, Reisekostenpauschalen und großzügigste Bewirtung im Sender. Intendant und Direktoren scharwenzeln um die Räte herum. Und deren Selbstverständnis mutiert vom Kontrolleur zum Co-Manager.
Der NDR-Rundfunkrat unterliegt keiner Rechenschaftspflicht. Mit Programmbeschwerden verfährt er willkürlich. Seine Entscheidungen begründet er nicht. Der Rechtsweg ist in Programmfragen ausgeschlossen.
Die Ministerpräsidenten der Länder und ihre medienpolitische Kamarilla haben Kopfzahl und Zusammensetzung des Rundfunkrates ausgekungelt. Die Parlamente haben das gebilligt. Mit dem Gemeinwohl und mit einem freien Informationswesen ist das Ganze ebenso verwandt wie der Trüffel mit dem Fußpilz.
Was nützen bei solcher Sachlage Programmbeschwerden?
Die Anwälte des von uns verklagten NDR schrieben dem Verwaltungsgericht Hamburg sinngemäß, wir seien Querulanten. Ein kleiner Exkurs zu unserer Motivation muss deshalb sein: Bitte wagen Sie einen schnellen Blick in den mentalen Abgrund zweier gerichtsnotorischer Querköpfe:
Nahe bei Aleppo griffen al-Qaida-Milizionäre einen palästinensischen Jungen auf. Er war zwölf Jahre alt. Die Männer ernannten ihn zum „Kindersoldaten Assads“, fesselten ihn und warfen ihn auf einen Kleinlaster. Unter dem Gegröle der Kumpanei riss einer dem Kind den Kopf zurück und säbelte ihm den Hals durch. Das ging nicht glatt, es dauerte etwas. Den Kopf, nachdem der endlich abgeschnitten war, warf der Mann achtlos beiseite. Den Kopf eines zwölfjährigen Kindes. Sie werden es nicht glauben: Von solchen Leuten bezog Volker Schwenck, Chef des ARD-Büros in Kairo, regelmäßig das Material für seine „aktuellen“ Berichte über die Kämpfe im 1000 Kilometer entfernten Aleppo. Er verarbeitete Informationen und Videos von Dschihadisten. Antisyrische und antirussische Propaganda. Eigenrecherche in Aleppo, so hieß es verständnisheischend seitens der ARD, sei oft unmöglich, weil zu gefährlich. Das Fremdmaterial habe Schwenck jedoch immer äußerst sorgfältig geprüft.
Ja freilich.
Die Tagesschau kürte das übelste Terroristengesindel zu „Rebellen“ und beharrte darauf, dieser Begriff sei neutral konnotiert. Falls eindeutig pro-westlich, wurde die Mörderbande sogar als „bewaffnete Opposition“ verharmlost. Gelegentlich deklarierten journalistische Verpackungskünstler den Dreck auch als „moderate Rebellen“. Die Contradictio in adiecto konnte nur Zwangsneurotikern entgehen.
Söldner-Gesocks aus mehr als 30 Ländern wurde zu Freiheitskämpfern stilisiert, zu neuzeitlichen Wilhelm Tells, Karl Moors und Robin Hoods. Puren Abschaum gab die Tagesschau als „Bürgerkriegs“-Partei gegen Präsident Assad aus, der seit 2011 nur noch „Machthaber“ genannt werden durfte, wiewohl demokratisch gewählt.
Unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk streut die Lebenslüge der Westlichen Wertegemeinschaft. Seine „Wording“ genannte Selbstzensur belegt die enge Komplizenschaft mit der herrschenden Politik.
Ein Nachweis besonderer Art ist die Stellungnahme des Chefredakteurs Dr. Gniffke an Intendant Marmor:
„In ihrer Programmbeschwerde […] werfen die Herren Klinkhammer und Bräutigam ARD-aktuell vor, zu verschweigen, dass der Syrien-Einsatz der Bundeswehr völkerrechtswidrig und verfassungswidrig sei. […] In der Berichterstattung über die Bundestagssitzung […] ging es darum, zu vermelden, dass fünf Bundeswehr-Einsätze vom Parlament verlängert worden sind. […] Es ging aber nicht darum, […] noch einmal die Hintergründe dieser Einsätze und damit zusammenhängende juristische Fragen zu erörtern. […] Es ist allgemein übliche journalistische Praxis, […] nur die nachrichtlich relevanten Informationen zu vermelden und die Vorgeschichte des Ereignisses und damit zusammenhängende Debatten als bekannt vorauszusetzen. […]“*)
Verehrte Anwesende, Sie können wählen, wen immer Sie wollen – von dieser Tagesschau kriegen Sie hernach gesteckt, dass es weitergeht wie gehabt. Die zynische ARD-aktuell-Bude ist nicht einvernehmlich in einen informationellen Volkspalast zu verwandeln, in dem Friedensliebe, Gerechtigkeitssinn und internationale Solidarität das ethische Fundament bilden. Das geht nur auf revolutionärem Weg.
Allenfalls Kleinstkorrekturen aufgrund öffentlichen Drucks kommen vor, allerdings nicht unbedingt zum Besten. Zwei Beispiele aus der Inlandsberichterstattung.
Rufen Sie sich bitte eine der typischen Wasserstandsmeldungen über den Arbeitsmarkt ins Gedächtnis. Sie wissen schon:
Die Zahl der Arbeitslosen ist um X auf Y zurückgegangen, das sind Z mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote lag bei A-komma-B Prozent. Wie oft die Nürnberger Arbeitsagentur schon die Basis ihrer Statistiken nach Berliner Regierungswünschen ändern musste, weiß ich nicht. Wohl aber etwas über den Zweck des faulen Zaubers: Schönfärberei, damit das soziale Elend nicht gar zu nachdrücklich ins Bewusstsein der Wählerschaft dringe.
Die konformistische Tagesschau war stets mit von der Partie. „Die anderen haben es auch so gemacht“, lautet ein Standardsatz in Stellungnahmen des ARD-aktuell-Chefredakteurs. Wo liegt seine Schamgrenze?
Unsere Programmbeschwerde – die dritte zum Thema „Arbeitsmarkt“:
„Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte, […] erneut […] übermittelten [Tagesschau und Tagesthemen] lediglich die Teilstatistik über in diesem Monat als arbeitslos registrierte Menschen […] und unterschlugen die Arbeitslosigkeit der vielen anderen, die in sogenannten ‚Maßnahmen’ der Bundesagentur untergebracht sind oder als Unterbeschäftigte weniger als 14 Stunden pro Woche Arbeit haben“
(oder die aus anderen Gründen statistisch ignoriert werden, zum Beispiel fast eine Million Wohnungslose).
„Sehr geehrte Rundfunkräte, in Ihrem Gremium sitzen einige Gewerkschaftsvertreter. Wenigstens die müssten, wären sie nicht vollkommen rundgelutscht worden in Ihrem Club Harmonia, gegen die tendenziöse Berichterstattung der ARD-aktuell Einspruch einlegen. […]“
Darauf erhielten wir vorerst nur Antwort vom Intendanten: Nach seiner und der Ansicht des Chefredakteurs liege keine Verletzung staatsvertraglicher Pflichten vor. Ich zitiere wieder auszugsweise:
„[…] Sowohl in „Tagesschau“ als auch „Tagesthemen“ […] wurde über die aktuellen Arbeitsmarktdaten nur auf Meldungsebene berichtet. Die Meldungen waren zwischen 28 und 35 Sekunden lang. […] Nachrichten zu machen, bedeutet stets, Nachrichten zu gewichten und eine Auswahl zu treffen, denn aus Tausenden von Meldungen muss zwangsläufig eine Auswahl getroffen werden. […]“
Das muss man sich auf dem Trommelfell zergehen lassen: Eine fraglos desinformative Meldung rechtfertigen Intendant und Chefredakteur mit dem Zwang zur Kürze. Mit anderen Worten: Berichte dürfen irreführend sein, wenn sie nur eine bestimmte Länge nicht überschreiten. Das Elend von Millionen Menschen in unserer Mitte ist unter diesem Aspekt scheißegal. Vollkommen wirkungslos war unsere wiederholte Kritik allerdings nicht. Am 3. Januar ergänzte die Tagesschau ihr Klischee mit folgendem Zusatz:
„Die Gesamtzahl der sogenannten Unterbeschäftigten sank auf knapp 3,4 Millionen. Dazu zählen neben den Erwerbslosen auch Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.“
Besser, aber noch lange nicht gut. Es fehlen weiterhin Aussagen über die Dunkelziffer der in Nürnberg statistisch nicht mehr Erfassten und eine definitive Gesamtquote dieses Elends.
Dabei sind diese Fakten über unser armes reiches Land vollständig verfügbar, beispielsweise beim Statistischen Bundesamt Wiesbaden. Aber die Tagesschau bringt sie nicht. Sozialer Sprengstoff ist tabu. So blockiert sie Überlegungen, ob es nicht an der Zeit wäre, die politische Funktionselite zum Teufel zu jagen.
Sedieren statt informieren: Diesen Zweck erfüllt das sattsam bekannte Mantra journalistischer Dummschwätzer:
„Die Konjunktur brummt“.
Wer meine Anmerkungen für überzogen hält, möge sich bitte folgende Frage beantworten:
Warum hat die Tagesschau nur einmal im Monat Platz für eine zudem kaschierende, ignorante Kurzmeldung über den Arbeitsmarkt – nur einmal im Monat –
aber fast täglich Platz für Nachrichten über die Börse?

Am 27. Dezember erstach ein afghanischer Jugendlicher seine gleichaltrige deutsche Ex-Freundin. Seine Motive: Rachsucht, Eifersucht. Die Tat gründet nicht auf ethnischen Unterschieden. Rachebedürfnisse sind ein interkulturelles Phänomen. Das Verbrechen war allenfalls von lokalem Interesse.
Im ARD-aktuell-Blog hieß es zunächst wohlbedacht:
„(…)(Die) Tagesschau berichtet […] nicht über Beziehungstaten. Zumal es hier um Jugendliche geht, die einen besonderen Schutz genießen. […]“ **)
24 Stunden später berichtete sie trotzdem bundesweit. Woher der Sinneswandel? Dazu die Redaktion:
„[…] Seit einigen Stunden wird uns in den Sozialen Netzwerken vorgeworfen, die Tagesschau würde darüber nicht berichten. Wir würden bewusst etwas verschweigen. […] Andere Medien haben dies bereits groß berichtet. […]“ ***)
Die ARD-aktuell-Redaktion warf aus Angst vor Kritik in den sozialen Netzwerken vernünftige journalistische Grundsätze über Bord und gab der Sensationsgier nach. Zugleich bediente sie xenophobes und rassistisches Denken.
So tief ist sie gesunken. Die Tagesschau ist schon lange nicht mehr der Fels der Seriosität mehr in einer vom Kommerz-TV aufgewühlten Brandung. Eher ein Flaschenlager für Qualitätsabfüllungen von politischer Anbiederei und marktkonformen Auftragsbotschaften.
Dagegen können wir uns wehren. Die Anstalten sind Gemeinschaftseigentum. Wir sind zudem das zahlende Publikum. Programmbeschwerden finden immer Interesse. Sie bieten korrigierende Information. Sie machen nachdenklich, unterstützen eine Gegenöffentlichkeit.
Massive Kritik erzeugt darüber hinaus internen Rechtfertigungsdruck. Die ARD-aktuell-Chefredaktion reagiert zwar meist noch verstiegen, wirkt aber irritiert. Sie hat mittlerweile sogar – bitte halten Sie ein Taschentüchlein parat – ein „Qualitätsmanagement“ eingerichtet. Ein Qualitätsmanager passt auf die Qualitätsjournalisten auf.
Heilig`s Blechle!
Was wird jetzt aus der Golineh Atai?
Beispielsweise.
Die Tagesschau untergräbt ihre Glaubwürdigkeit selbst. Sie ist Hauptverursacher der Vertrauenskrise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es könnte sich daraus sogar eine Legitimationskrise entwickeln. Die böte immerhin die Option einer Verbesserung.
Liebe Anwesende, zum Schluss die Hygiene.
Programmbeschwerden über das Nachrichten-Surrogat beleuchten nicht nur seine Schändlichkeit. Sie beweisen zugleich das Versagen der Aufsichtsgremien. Die sind, weil mit kantenlosen Heloten besetzt, schmiegsame Vollzugsorgane unserer Parteienoligarchie. Bloße Abziehbildchen einer demokratischen Kontrollinstanz über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Protest gegen dessen Angepasstheit an die transatlantischen Interessen der Plutokraten ist ein Freiheitsakt. Manchmal obendrein eine Frage der staatsbürgerlichen Selbstachtung.
Finden Sie nicht auch?
_____________________
*) https://publikumskonferenz.de/forum/viewforum.php?f=44&sid=de2a65bdd2eb55736c67bdf929f6f4e9
**) http://blog.tagesschau.de/2017/12/28/kandel-wie-die-tagesschau-damit-umgeht/
***) https://politikstube.com/unter-druck-der-oeffentlichkeit-tagesschau-berichtet-ueber-mord-von-kandel/

02. Februar 2018 von Christine Horz
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Interview: Sabine Schiffer zur Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeitragsservice

Dr. Christine Horz und Dr. Sabine Schiffer haben vor nunmehr fünf Jahren die Publikumsratsinitiative gemeinsam gegründet. Nun hat Sabine Schiffer eine Zwangsvollstreckung von der Rundfunkbeitragszentrale erhalten. Was ist geschehen?

Horz: Sabine, was ist da los? Wir sind doch für den Rundfunkbeitrag als Möglichkeit, einen unabhängigen Journalismus nachhaltig zu finanzieren – also idealtypisch zumindest. Wir setzen uns ja für eine Verbesserung der Standards ein. Und Du erhälst nun Post vom Gerichtsvollzieher als Beitragsverweigerin?

Schiffer: Ich zahle den neuen Rundfunkbeitrag seit seiner Einführung im Januar 2013 lückenlos. Trotzdem wurde mir ein Vollstreckungsbescheid von der Beitragszentrale selbst zugestellt. Nach einem Urteil vom Landgericht Nürnberg-Fürth vom 26.08.2014 und dem Bundesgerichtshof vom 11.06.2015 und 8.10.2015 ist der Beitragsservice des Bayrischen Rundfunks quasi eine autonome Vollstreckungsbehörde.

Horz: Du meinst, die veranlassen das Amtsgericht in Erlangen eine Forderung zu vollstrecken, deren Berechtigung gar nicht vom Gericht überprüft wurde? Aber, sie können doch keine nicht gezahlten Beiträge erfinden.

Schiffer: In gewisser Weise schon. Es handelt sich dabei um einen Betrag aus GEZ-Zeiten, wo ich jahrelang verzweifelt versuchte einen Vertreter der GEZ zu mir einzuladen, weil ich privat keinen Fernseher hatte und nach wie vor nicht habe.

Horz: Das spielt ja nun seit 2013 keine Rolle mehr.

Schiffer: Richtig. Ich musste aber Anfang 2013 selbst den Betrag ermitteln und einen Dauerauftrag einrichten, weil ich keine Zahlungsaufforderung erhalten hatte. Jetzt wird offensichtlich versucht, die alte und die neue Forderung zu vermischen.

Horz: Wie kam es denn zu dem offen stehenden Betrag?

Schiffer: Nachdem die GEZ meine Mitteilungen gänzlich ignorierte zog ich 2011 meine Einzugsermächtigung zurück. Da nach wie vor niemand vorbei kam, um die Tatsache zu überprüfen, dass ich nur Radiohörerin war, forderte man dort die Gebühren fleißig weiter. Bis Ende 2012 ist ein Betrag von ca. 200,- € zusammen gekommen. Und das ist der Betrag den man heute immer noch fordert, mit ein paar Gebühren Aufschlag.

Horz: Wie bitte? Es geht seit sechs Jahren um 200,- €?

Schiffer: Ja, und ich habe dazu inzwischen einen Ordner voller sinnloser Post gesammelt.

Horz: Wieso? Ließ sich das denn nicht klären und ad acta legen?

Schiffer: Man hat offensichtlich kein Interesse. Circa ab der Mitte des Ordners – also seit 3 Jahren – antworte ich nicht mehr, inzwischen lese ich die Post auch nicht mehr. Die Zermürbungstaktik ist wohl aufgegangen. Es kam immer wieder die gleiche Post, egal was ich erklärte. Ich habe auch bereits eine Anzeige wegen Belästigung erwogen.

Horz: Ist das nicht ein bisschen übertrieben?

Schiffer: Es scheint da irgendwelche vorgefertigten Schreibformate zu geben. Auf meine Erläuterungen, warum ich ganz sicher keine SEPA-Erklärung erteilen würde, erhielt ich beispielsweise als Antwort einen Brief, der mit den völlig aus der Luft gegriffenen Worten begann: „Wir hatten Ratenzahlung vereinbart…“ Vergleichbares habe ich inzwischen von einigen anderen Fällen gehört und auch selbst recherchiert.

Horz: Klingt fast schon nach Satire, Monty Phyton oder Kabarett…Oder Loriot: da redet man doch immer so herrlich aneinander vorbei, oder?

Schiffer: Ja, zumal ich auch darauf verwies, dass es mir fernläge den Beitrag nicht zu zahlen, schließlich stütze ich als Medienwissenschaftlerin und mit der Publikumsratsinitiative die Idee öffentlich-rechtlicher Medien. Ich habe inzwischen Zweifel, dass da echte Menschen sitzen, die das lesen – vielleicht ist das alles Ausdruck einer maschinellen Kommunikation.

Horz: Und jetzt? Aus so einer Vollstreckungsmaschine kommt man doch nicht wieder heraus. Wäre es nicht besser, Du zahlst den doch überschaubaren Beitrag einfach – auch wenn er ungerechtfertigt ist?

Schiffer: Mich stört nicht nur, dass er ungerechtfertigt ist – nach meinen Recherchen zu dem Thema, habe ich Zweifel, dass der Fall damit abgeschlossen wird. Im Gegenteil. Es gibt die kuriosesten Fälle.

Horz: Allerdings wird die Geldeintreibepraxis ja auch schon kritisch diskutiert.

Schiffer: Ja, die Gerichtsvollzieher oder Finanzämter – je nachdem, wer als Vollstreckungsbehörde auserkoren wird – sind teilweise schon total genervt. Sie bearbeiten viele nichtigen Fälle, wo es sogar regelmäßige Vollstreckungsersuche gibt, obwohl die Person jeweils ihren Dauerauftrag nachweisen kann. Es entstehen teilweise Rituale, die Zeit und Geld kosten – ein totaler volkswirtschaftlicher Blödsinn. So wie auch bei mir, denn die Belege kann ich natürlich beibringen. Aber dass man bei der Gelegenheit versucht, eine Vermögensauskunft von mir zu erhalten, hat schon eine besonders dreiste Komponente.

Horz: Was heißt das jetzt für uns, die Publikumsratsinitiative?

Schiffer: Wie immer in der Wissenschaft: Differenziertheit! Wir wissen, dass im internationalen Medienvergleich ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk etwas Wertvolles ist. Wir wissen aber auch, dass da einiges nicht funktioniert und weder die Rundfunkstaatsverträge noch die bestehenden Kontrollgremien das System ausreichend absichern, damit der Funktionsauftrag vollumfänglich erfüllt wird. Damit sind wir ja angetreten. Das System zu verbessern, statt es abzuschaffen – weil Medien als Unternehmen erst recht nicht einem öffentlichen Auftrag verpflichtet sind. Dabei sollten wir bleiben.

Horz: Aber wenn die Geldeintreibepraxis so dermaßen entgleist– dann läuft doch da ganz gehörig etwas schief, oder?

Schiffer: Ja,  ich denke, wir sollten uns neben den inhaltlichen Fragestellungen, die uns zunächst umtrieben und unseren Forderungskatalog in der „Erlanger Erklärung“ begründeten, durchaus auch mit dem Finanzgebaren der Anstalten und der Praxis des Beitragsservice befassen. Ohne Gerechtigkeit kann man für kein System werben. Da hätten wir dann auch ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Horz: Vermutlich wird man erst erkennen, dass wir eine konstruktive Initiative im Sinne eines Erhalts bzw. einer Verbesserung des Medienoutputs sind, wenn es den vielen Gegnern gelungen ist, diesen abzuschaffen.

Schiffer: Tja, dann können wir auch nicht mehr helfen. Dass man sich mit seinem Publikum verbünden muss, statt es zu verprellen, haben Sie bisher nicht verstanden – das haben jedenfalls einige Blogger besser drauf.

Horz: Dann wünsche ich Dir viel Glück in Deiner Sache und sehe unser Interview auch als Appell an die Verantwortlichen, hier nachzubessern! Es wäre sicher gut für mehr Transparenz und Dialog zu sorgen.

Schiffer: Danke! Ich sehe da in Sachen Nachweis und Einstellung des Verfahrens kein Problem. Aber dass die Beschäftigungstherapie mitsamt der Papier- und Portoverschwendung und der Einbindung von Beamten, die eigentlich besseres zu tun hätten, endet, da sehe ich nur die Möglichkeit der Herstellung von Öffentlichkeit. Und wenn diese merkwürdigen Methoden nicht korrigiert werden, dann wird auch der Gegenwind aus den Behörden wachsen.

 

26. Januar 2018 von Christine Horz
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TV-Quotenpanne offenbahrt Mängel

Die Fernseheinschaltquoten können aufgrund eines technischen Fehlers seit Freitag und noch mindestens bis Dienstag nicht gemessen werden. Viele Entscheider in den Sendeanstalten ärgert es, doch Verfechter einer inhaltlichen Debatte über die Programme, wie Kreative und auch die Publikumsratsinitiative freut es. Die Aussagen der in ca. 5000 Haushalten gemessenen Einschaltquoten lassen etlich methodische Mängel erkennen. Bleiben tatsächlich alle gebannt vor einer Sendung sitzen? Oder läuft das Gerät nebenher und keiner schaut hin – oder schlafen ein? Ist die Zielgruppe der 14- 49-jährigen wirklich repräsentativ – bei einem Durchschnittsalter der Zuschauer bei ARD und ZDF um die 60? Warum werden nur die Nutzungsdaten von Deutschen erhoben? Und welche weiteren Kriterien zur Auswahl der Testhaushalte gibt es? Kennt überhaupt wer wen, der eine Testbox im Wohnzimmer hat? Wie ist Ihre Meinung zu TV-Quoten?

Halten Sie die TV-Quoten für aussagekräftig und nützlich?

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22. Januar 2018 von Christine Horz
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#ZukunftÖR: Öffentlich-Rechtliche sollen Qualität prüfen lassen

Die Berliner Kommunikationswissenschaftlerin Margret Lünenborg fordert in einem interessanten Beitrag in der ZEIT-Online, dass öffentlich-rechtliche Sender die Qualität ihrer Programme von unabhängiger Seite prüfen lassen sollten. Ausgehend von den 10 Thesen von Wissenschaftler*innen zur Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen, die sie mit unterzeichnet hat, benennt sie das Beispiel der Schweiz, wo diese Qualitätsprüfung durch ein unabhängiges Forschungsinstitut geleistet wird. Im Medienvergleich schneiden die öffentlichen Medien dort sehr gut ab.

Daneben ruft sie öffentlich-rechtliche Medien und die Politik auf, konstruktive zivilgesellschaftliche Initiativen, wie etwa die Initiative Publikumsrat, viel stärker in Reformprozesse einzubinden. Auch sie plädiert für Ombudsleute. Der „Publikumsrat“ fordert, dass sie ebenfalls weitgehend unabhängig sein sollten, damit sie nicht zu Legitimationsinstanzen der Sender verkommen, sondern im besten Sinne als Dialog- und Vermittlungsinstanz zwischen Publikum/Bürger und Sender stehen.

Lünenborg sieht die Qualitätsprüfung als wichtig an, weil dadurch der Auftrag der öffentlichen Radio- und Fernsehsender besser vermittelbar sei. Dies ist sicher dringend notwendig, denn viele Nutzer betrachten den Rundfunkbeitrag als Zumutung und sind sich über die Konsequenzen eines rein kommerziellen Rundfunksystems nicht im klaren, das nach der Abschaffung des Rundfunkbeitrags dominieren würde. Das Programm wäre voller Werbepausen, wie in den USA könnten Parteien direkt Sender mitfinanzieren und dadurch ihre Einflusssphäre bis an die Grenze des hierzulande ARD und ZDF fälschlicherweise unterstellten „Staatsfunks“ ausbauen. Das würde die Unbahängigkeit der Sender und damit die Qualität der Programme stark mindern. Gerade in Zeiten einer unübersichtlichen Zahl von Stimmungen und Meinungen im Netz sind qualitätvolle Programme unerlässlich. Dass die Sender hier nachbessern sollten, darauf macht Lünenborg in ihrem Beitrag aufmerksam.

Diskutieren Sie mit und kommentieren Sie den Beitrag!

 

23. November 2017 von Christine Horz
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#metoo: der NDR und das mediale Sexismusproblem

Schon viel ist darüber getwittert und geschrieben worden – der NDR hat ein Sexismus-Problem und ist offenbar Wiederholungstäter. Gestern abend sollte die Sendung Anne Will just über das Sexismus Problem zu sprechen, als die Kamerafahrt Verena Poths Körper von unten nach oben abfilmte.

Das Problem-Dispositiv des Sexismus in den Medien umfasst aber nicht nur den voyoristischen Blick auf Frauen, die mediale Aufmerksamkeit auf die jugendlich-schöne Frau oder Statistenrollen, die Frauen häufig in Fernsehsendungen einnehmen – viele würden den Bechdel-Test wohl nicht bestehen – das Problem ist breiter und tiefer zu fassen, denn alle „Minderheiten“ (im konzeptionellen Sinne, der ja gerade den tatsächlichen Bevölkerungsanteilen widerspricht) sind betroffen. So werden nicht nur Frauen als Objekte inszeniert, sondern auch Eingewanderte, Geflüchtete, Angehörige religiöser Minderheiten wie dem Islam sowie Schwarze Menschen. Öffentlich-rechtliche Medien haben nicht nur ein Sexismus-Problem sondern auch ein Rassismus-Problem. Wer nachlesen möchte, wie sich Betroffene fühlen, findet in den Kommentarspalten einer Petititon zahlreiche Belege. Häufig werden diese Kategorien intersektionell miteinander vermischt, also beispielsweise das Geschlecht und die Herkunft. Das Ausmaß der Probleme ist zum Teil sicher damit zu erklären, dass Frauen in den Berufen hinter der Kamera nach wie vor rar sind. Chefredakteurinnen gibt es selten und ein weiteres Problem ist die Beratungsresistenz der öffentlich-rechtlichen Sender, wenn es um die Forderung nach umfassender Schulung aller Mitarbeiter – auch jene der Kooperationsfirmen – und eines konsistenten Diversity Konzepts geht.

In der Tat sollten die öffentlich-rechtlichen Sender hier Vorbild für andere gesellschaftliche Institutionen sein, weil ein zentraler Auftrag diskrimminierungsfreie Inhalte betrifft. Sexismus und Rassismus sollten hier schon gar nicht vorkommen.

 

14. November 2017 von Christine Horz
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@mediasres: Mehr direkte Demokratie in den öffentlich-rechtlichen Medien?

Dominik Schottner, Redakteur des Deutschlandfunks,  stellt in der  Sendung Mediasres die Frage mit welchen Modellen die ÖRM demokratischer werden könnten. Hierzu interviewte er Christine Horz (Vorstand Verein zur Etablierung von Publikumsräten e.V) sowie die Präsidentin des Schweizer Publikumsrats, der als Beratungsgremium bereits fest im Mediensystem der Schweiz etabliert ist und von den Rundfunkanstalten als Dialogpartner und konstruktiver Kritiker geschätzt wird.

Den Beitrag können Sie hier lesen/hören.

 

 

14. November 2017 von Christine Horz
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#Depublizieren: 7-Tage-Löschfrist bei ARD und ZDF fällt weg!

Die 7-Tage-Löschfrist für Online-Inhalte in den Mediatheken von ARD und ZDF soll wegfallen. Darauf einigten sich die Ministerpräsidenten der Länder, wie golem.de berichtet:

„‚Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sind sich darüber einig, dass die Verweildauern für Sendungen und auf Sendungen bezogene Telemedien über die bisher geltende Sieben-Tage-Regelung hinaus ausgedehnt werden sollen und die Regelung zum Verbot presseähnlicher Angebote weiter konkretisiert werden soll.‘

Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) erklärte zu der Siebentagefrist: ‚Wir wollen das auflockern und verändern.‘

Außerdem werde das Verbot presseähnlicher Angebote ‚weiter konkretisiert. Es ist nicht vorstellbar, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk heutzutage nicht die Möglichkeit hat, auch online bestimmte Dinge zu tun.‘ Dies dürfe jedoch nicht zu höheren Ausgaben führen.“

Beim ZDF seien bereits dreiviertel aller Dokumentationen gelöscht worden.

Angesichts des hohen kulturellen Werts der audio-visuellen Inhalte ist dieser Schritt überfällig. Umso erfreulicher ist es, dass diese unsinnige Regelung, die zudem Kapazitäten in den Sendern bindet, endlich abgeschafft wird.

22. Oktober 2017 von Christine Horz
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#DerSpiegel: Titelthema verschweigt Reformvorschläge für ARD und ZDF

Der Spiegel titelt in seiner aktuellen Ausgabe reißerisch:  „Die unheimliche Macht. Wie ARD und ZDF Politik betreiben.“ Im Heftinneren geht es dann aber um den Vertrauensverlust in die beiden öffentlich-rechtlichen Sender. Leider erwähnt der Artikel weder die Initiative Publikumsrat mit keinem Wort, die immerhin schon seit 2013 recht erfolgreich Reformvorschläge für die Öffentlich-Rechtlichen unterbreitet, noch die jüngste Initiative von 45 WissenschaftlerInnen, die 10 Thesen zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien vorgelegt haben. An der Formulierung der Thesen war die Initiative Publikumsrat ebenfalls intensiv beteiligt.

Es ist anzunehmen, dass diese Auslassung seitens  der SPIEGEL-Redakteure bewußt vorgenommen wurde, um die Polarisierung in der Debatte um die Zukunft von ARD und ZDF weiter zu befeuern. Schließlich kämpft auch der SPIEGEL als Printprodukt in einer digitalen Medienumgebung mit sinkenden Werbeerlösen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass er grundsätzlich dem Verband der Zeitschriftenverleger (VDZ) sowie dem Bundesverband der Zeitungsverleger (BDVZ)  folgt, der immer wieder durch massive und sachlich falsche Attacken gegen die bürger-finanzierten Sender auffällt, wie zuletzt dessen Vorsitzender Mathias Döpfner. Der Deutschlandfunk erklärt, warum ausgerechnet jetzt die Schärfe der Angriffe zunimmt:

„Dass Döpfner und andere Zeitungsverleger im Moment besonders laut öffentlich-rechtliche Sender kritisieren, liegt daran, dass aktuell wichtige Entscheidungen anstehen. Die zuständigen Medienpolitiker diskutieren etwa über die Frage, welche Regeln in Zukunft für die Online-Angebote  der Öffentlich-Rechtlichen gelten sollten.“

Die Internet-Angebote der Sender seien zu textlastig, so der Vorwurf, und würden dadurch zu „presse-ähnlich“. Wie Fernsehen oder Information ohne journalistischen Text funktionieren, und wie die Bestandts- und Entwicklungsgarantie für die öffentlich-rechtlichen Medien dann gestaltet werden soll erklärt der Vorsitzende des BDVZ aber nicht.

Es ist deshalb nicht nur schade, dass DER SPIEGEL, als bekanntestes deutsches Nachrichtenmagazin, die Debatte nicht einordnet und wichtige Akteure, die sich für vernünftige Reformen einsetzen unerwähnt lässt. Letztlich müssen sich die Autoren den Vorwurf gefallen lassen, nicht den Qualitätsansprüchen guten Journalismus‘ zu genügen –  und damit eher die Glaubwürdigkeit des SPIEGEL als jene der Öffentlich-Rechtlichen zu untergraben.

10. Oktober 2017 von Christine Horz
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