#Rundfunkbeitrag: Wie setzt er sich zusammen und für was wird er ausgegeben?
96% der Einnahmen aus den Rundfunkbeiträgen, die der ARD zur Verfügung stehen, fließen ins Programm, so der ARD-Finanzexperte Ralf Ludwig in einem Interview mit dem Tagsspiegel. Die ARD bekommt 5,6 Milliarden Euro zugewiesen, zudem wird sie in der Gebührenperiode bis 2020 einen Überschuss von 242 Millionen Euro erzielen, der sich aber nach Abzug einer Rücklagensumme zu einem Minus von 139 Millionen summiert. Diese Rücklagen werden gebildet, damit die Beitragshöhe für die Haushalte auch über 2020 hinaus stabil bleiben kann. Die KEF, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Sender, hat dabei zu berücksichtigen, dass die Öffentlich-Rechtlichen in jedem Fall genug Geld zugewiesen bekommen, damit sie ihren verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen können.
In dem interessanten Interview werden wichtige Fragen erläutert, wie auch jene, ob die durch Gebührengelder finanzierten Medien nicht viel zu viele Gebührengelder für die Altersversorgung aufwenden. Nach Berechnungen von Heiko Hilker lag die Höhe der gesamten Aufwendungen für die Altersversorung der ARD im Jahr 2014 bei 950 Millionen Euro. Die Mitarbeiter der ARD müssen aktuell eine Abschlagszahlung leisten, so dass sie sich an der Finanzierung zukünftiger Altersbezüge beteiligen. Weitere Reformschritte sind geplant und werden derzeit mit den Gewerkschaften verhandelt.
Insgesamt gibt das Interview einen spannenden und vor allem gut verständlichen Einblick in die komplexe Rundfunkfinanzierung und beleuchtet auch die Rolle der KEF bei der Bestimmung der Beitragshöhe.
#Medienvertrauen auf Langzeithoch?
Laut einer aktuellen Studie ist das Vertrauen in die Medien so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Kim Otto, Professor für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und sein Mitarbeiter Andreas Köhler, werteten Sekundärdaten des Eurobarometers aus, so Telepolis. Die Studie selbst ist online noch nicht verfügbar. Demnach hat auch das Medienvertrauen an den politischen Rändern zugenommen. Allerdings wird nicht ganz klar, auf was sich die Daten genau beziehen. Telepolis zitiert eine Pressemeldung und eine BR Meldung, wonach 55,7 % der Deutschen der „Presse“ vertrauen würden „- gemeint sind Radio, TV und Printmedien – , nur 38,8 Prozent misstrauen ihr“. Dass Presse nun synonym mit Medien gesetzt wird verwundert. Die Daten zu den Einzelmedien helfen nur bedingt weiter: demnach steht das Radio an erster Stelle mit 67,8% Vertrauen, das Fernsehen nimmt Platz zwei ein mit 60,5% Vertrauen, wobei beide um 6 bzw. 7 Prozentpunkte seit der Vorjahresmessung zugelegt hätten.
Nun wissen wir aber noch nicht, ob sich hinter den Einzelmedien öffentlich-rechtliche oder kommerzielle Sender verbergen. Macht es einen Unterschied? Ganz sicher, sagt eine Metastudie des ARD-Forschungsdienstes, die aktuelle wissenschaftliche Befunde zitiert: öffentlich-rechtlichen Medien, vor allem den Nachrichten, wird stärker vertraut als dem kommerziellen Rundfunk und vor allem den sogenannten sozialen Medien. Einige der zitierten Studien stellten einen Querschnitt der Bevölkerung zusammen oder befragten Meinungsführer, die insgesamt stärker den öffentlich-rechtlichen Medien zuneigen. In einer repräsentativen Studie von über 1600 Personen zwischen 18 und 74 wurden die öffentlich-rechtlichen Nachrichten insgesamt als ausgewogener als andere Medien bezeichnet. Das Vertrauen in ö-r- Fernsehen und Radio war am höchsten, auch bezogen auf deren Online-Content. Die Nutzer können also sehr wohl zwischen sachlich-journalistischer Berichterstattung im Netz und sogenannten Sozialen Medieninhalten unterscheiden, die nicht den Regeln und Routinen journalistischer Berichterstattung (z.B. Faktenckeck) gehorchen müssen.
Überraschend an Ottos Befund wäre, dass auch die politischen Ränder offenbar ein höheres Medienvertrauen im vergangenen Jahr entwickelt haben. Dies widerspricht bisherigen Studien, da die politischen Ränder tendenziell stärker Protest mobilisieren wollen und deshalb sachliche Nachrichten als „feindlich“ einstufen. Konkret geht es um das politisch rechte Spektrum. Hier bleibt die Pressemitteilung der Uni Würzburg allerdings vage, wie auch Thomas Pany in Telepolits kritisiert. Falls es stimmt, dass die öffentlich-rechtlichen Medien bei rechten Wählern Vertrauen zurückgewinnen konnten, stellen sich in der Tat Fragen an den Studienleiter Kim Otto – haben sie dann deren Themen stärker bedient? Denkbar wäre es, wenn man sich die Talkshowtitel ansieht.
Kommunikationswissenschaftler weisen seit längerem darauf hin, dass im Langzeitvergleich das Medienvertrauen relativ konstant bleibt und Deutschland zu den Ländern mit dem höchsten Medienvertrauen gehört. Womöglich hat die Fake-News Debatte einen Einfluss ausgeübt und jüngere Mediennutzer dazu bewogen, wieder stärker den traditionellen Medien zu vertrauen. Allerdings sollten sich die traditionellen Medien, allen voran die öffentlich-rechtlichen, nicht auf diesem Bonus ausruhen. Auf die Krise folgt die Konjunktur – es ist nicht gesagt, dass es immer so sein wird. Deshalb müssen öffentlich-rechtliche Medien weiterhin an der Verbesserung der inhaltlichen Qualität arbeiten und vor allem kritischer und unabhängiger gegenüber der Politik und antidemokratischen Strömungen werden. Ihr verfassungsmäßiger Auftrag verschafft ihnen diese Freiheit, die sie noch stärker nutzen sollten. Auch sollten sie verstärkt ihre alltägliche Arbeit transparent machen, so dass Menschen besser einschätzen können, wie Journalismus funktioniert.
#ARDZDF: Talkshows einseitig und verzerrend
Die Talkshows von ARD und ZDF sind einseitig und verzerrend. Zu diesem Urteil kommt der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow. Er hat über eineinhalb Jahre die Talkshowthemen der öffentlich-rechtlichen Sender ausgewertet und bestätigt mit seinen Beobachtungen, was Kommunikationswissenschaftler seit Jahren kritisieren. Von insgesamt 204 Sendungen in diesem Zeitraum setzte jede zweite Sendung das Thema Flüchtlinge, Islam und Terrorismus auf die Agenda. Rechstextremismus wurde nur in einer Sendung thematisiert – und das obwohl es im letzten Jahr über 3600 Anschläge auf Geflüchtete und Asylbewerberheime gegeben hatte. Andere Themen wie Armut (sechs Sendungen) und Klimawandel (o Sendungen) waren kaum oder gar nicht Thema.
Auch wenn es sich nicht um eine repräsentative Studie handelt, so wird doch deutlich, dass die öffentlich-rechtlichen Medien mit ihren Talkshows selbst Akteure im populistischen Diskurs über Migration sind. Das ist geradezu skandalös und hier ist dringender Korrekturbedarf gegeben. Die Sender müssen darüber nachdenken, die selektive und einseitige Themenauswahl zugunsten eines differenzierteren Themenspektrums zu ändern, um nicht dem steigenden Rassismus in die Hände zu spielen. Dabei sollen sie selbstverständlich auch problematische Aspekte der Migration ansprechen. Bülows Beobachtung macht deutlich, dass es angebliche Redeverbote bezüglich Flucht nicht gibt – im Gegenteil: wie seit Jahren wird das Thema (zu) ausführlich und zumeist negativ dargestellt.
Die Sender haben einen gesellschaftspolitischen Auftrag. Dem sollten sie auch beim Thema Einwanderung gerecht werden.
#ZDF: Gremienpräsenzliste lückenhaft – Politiker fehlen am häufigsten
Das ZDF-Gremienbüro veröffentlichte kürzlich die Präsenzliste der Mitglieder für die öffentlichen Sitzungen des Fernseh- und Verwaltungsrats. Demnach fehlten auch 2016, wie im Vorjahr, Politiker am häufigsten. Spitzenreiter war Horst Seehofer, der dem Verwaltungsrat angehört. Eine Einordung liefert ein Bericht der Medienkorrespondenz. Im Verwaltungsrat, dem Gremium, das die Tätigkeit des Intendanten in Haushaltsfragen überwachen soll, war Horst Seehofer (CSU) 2016 kaum anwesend. Im aktuellen Fernsehrat, dem Gremium das die Interessen der Allgemeinheit gegenüber dem ZDF vertreten soll, legte Fritz Jäckel (CDU), Vertreter des Landes Sachsen die höchsten Fehlzeiten hin, er war nur bei 3 von 13 Sitzungen im Mainzer Sender anwesend.
Da der Fernsehrat öffentlich tagt, kann jeder Zuschauer selbst überprüfen, wer fehlt und wer nicht – die nächste Gelegenheit bietet sich am morgigen Freitag, den 3.3.2017. Bitte erscheinen Sie zahlreich! Anmeldungen sind möglich.
#Medienkompetenz: MDR startet M360G
Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender MDR startet am heutigen Safer-Internet Day sein Medienkompetenzportal M360G im Web. „Medien360Grad“ plant einen Rundumblick auf aktuelle Medienphänomene wie Fake News und Social Bots. Auch längerfristige Entwicklungen im Journalismus wie das Thema Glaubwürdigkeit oder die Herausforderungen, die durch Generationenunterschiede im Medienkonsum entstehen werden in den Blick genommen.
Die Plattform bündelt unterschiedliche journalistischer Beiträge zum Thema, die unter Rubriken wie „Leitplanke“ oder „Kritiker“ gefasst sind. Einige Teaser verlinken zu anderen Webseiten, anderes stammt vom MDR selbst.
Die Initiative für Publikumsräte weist seit langem darauf hin, dass der gesellschaftliche Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien viel stärker als bisher auch die Medienkompetenzförderung beeinhalten sollte. Insofern begrüßen wir die Medienkompetentinitiative des MDR. Damit sie auch breit wahrgenommen wird, schlagen wir vor, diese auch auf Social Media Kanälen einzubetten, etwa über ein eigenes Facebook Profil und auf Twitter.
#Medienvertrauen: Nutzer positionieren sich deutlicher als früher
Eine Studie der Mainzer Kommunikationswissenschaftler Oliver Quiring und Tanjev Schultz kommt zu einem zunächst verwirrenden Ergebnis: das Medienvertrauen ist gestiegen- aber auch das Misstrauen in die Medien, so die Forscher.
Nutzer würden sich Mediennutzer heute deutlicher positionieren. Das Medienvertrauen sei zwischen 2008 und heute von 29 auf 40 Prozent gestiegen. Allerdings sei auch die Zahl derer, die den Medien überhaupt nicht vertrauen im gleichen Zeitraum sprunghaft von 9 auf 24 Prozent gewachsen.
Die Medien würden sich zu wenig erklären und das eigene Handeln nicht transparent genug aufarbeiten, so die Wissenschaftler – ein Aspekt auf den auch der Publikumsrat immer wieder hinweist. Im Interview mit dem Branchendienst meedia erläutert Schultz: „Ich glaube nicht, dass den meisten Journalisten bewusst ist, wie wenig man über ihren Beruf weiß“. 39 Prozent der Befragten würden glauben, „dass die Eigentümer der Medien bestimmen würden, was Journalisten zu berichten haben.“
In sozialen Medien bestimme „eine kleine Minderheit den Diskurs“. Weiter sagt Quiring: „Teilweise sind das Leute, die schlicht Spaß an der Provokation haben. Die wollen nur spielen.“ Er rät Journalisten nicht mit sich spielen zu lassen und die Provokationen zu ignorieren.
#Talkshows als Bühne für Rechstpopulisten
Sehenswerter Beitrag in MONITOR vom 19.1.2017. So sollte öffentlich-rechtlicher TV-Journalismus sein: die Monitor-Redaktion deckt auf, dass die ARD-Talkshows mit ihrer polarisierenden Themenwahl den Rechten in die Hände spielen.
Kultur- und Medienausschuss im Bundestag: Expertenrunde zu Öffentlich-Rechtlichen
Angesichts der Debatten um Fake-News wird qualitativ hochwertige Berichterstattung immer wichtiger. Wer sonst, als die öffentlich-rechtlichen Medien haben den Auftrag, dies zu leisten?! Sie sollen eine Integrationsaufgabe erfüllen, in dem sie die gesamte Gesellschaft mit Informationen versorgen, welche die Bürger zur Teilnahme am demokratischen Diskurs benötigen. Dass sie das leider nicht immer in der gebotenen Sorgfalt tun, kritisieren medienkompetente HörerInnen und ZuschauerInnen regelmäßig.
Die Politiker des Ausschusses für Kultur und Medien im Bundestag hatten am 18.1.2017 MedienvertreterInnen und ExpertInnen geladen, um sich darüber zu informieren, wie die öffentlich-rechtlichen Medien zu refomieren seien, um ihren Funktionsauftrag zukünftig besser auszufüllen. In der – leider nicht-öffentlichen – Sitzung stellten VertreterInnen von ARD, ZDF sowie der Zeitungsverleger ihre Sicht der Dinge dar. Auch Dr. Christine Horz als Wissenschaftlerin und Vertreterin der Publikumsratsinitiative war als Expertin geladen. Der rennomierte Mainzer Medienrechtler Prof. Dieter Dörr sowie der Darmstädter Professor für Online-Medien Lorenz-Meyer komplettierten die Riege der Experten. Mit Ausnahme des Zeitungsverlegerverbands, vertreten durch Prof. Fiedler, bestand Einigkeit darin, dass die öffentlich-rechtlichen Medien unverzichtbar sind. Der Vertreter des ZDF, Dr. Langestein wies dringlichst darauf hin, dass die behauptete Konkurrenz von öffentlich-rechtlichen Medien und Zeitungsverlagen heute kaum noch relevant sei. Intermediäre wie Google und social media wie Facebook sowie die darin verbreitete manipulative Kommunikation durch Social Bots und Fake-News hingegen stellten eine echte Gefahr für die Demokratie dar. Auch der Brexit wurde demnach gezielt durch Falschinformationen der BürgerInnen herbeigeführt. Prof. Dörr betonte folglich die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Medien, die hier ein Gegengewicht bilden könnten, vorausgesetzt, dass sie transparenter werden und stärker die Qualität im Blick haben als bisher. Prof. Lorenz-Meyer kritisierte, dass öffentlich-rechtliche Medien zu zaghaft ihre Rolle vertreten würden. Dr. Horz, Vorstand des Publikumsrats betonte vor allem die Bedeutung, die eine stärkere Einbindung konstruktiver Teile der Zivilgesellschaft haben sollte – sowohl in die Planungen der Sendeanstalten selbst als auch in die Medienpolitik, denn auch Medienpolitik kann heute nicht mehr ohne die Bürger gemacht werden. Prof. Dörr bestätigte, dass es sicher Modell gäbe, die rechtlich durchsetzbar seien.
Der insgesamt sehr informative Nachmittag kann als Meilenstein gewertet werden, denn die Politik hat damit ihre Reformwilligkeit und die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und konstruktiven Bürger signalisiert.
Zuschaueranfragen: Sender schweigen
Einen interessanten Erfahrungsbericht eines Zuschauer des SWR druckt die Medienkorrespondenz ab. Der Zuschauer, Herr Ladeur – selbst Rundfunkrechtler – hatte angefragt, ob der SWR nicht eine Sendung des norwegischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens übernehmen könne, die ihm sehr gefallen hat. Das war vor zwei Jahren. Ladeur bezog sich auf das Recht, das Zuschauern einräumt, Eingaben zu machen und das in den Rundfunkstaatsverträgen mehr oder weniger deutlich dargestellt ist.
„Die Möglichkeit, Eingaben zu machen, dient nicht dem Interesse Einzelner, sondern der Gewährleistung der Programmvielfalt. Dies ist das Grundprinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In der einen oder anderen Weise muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Beantwortung von Anregungen (und von ähnlichen Anliegen) über sein Programm erklären, damit einseitige Festlegungen vermieden oder jedenfalls möglichst nicht zu leicht verborgen werden können.“
Es kamen bis heute lediglich standardisierte Antworten zurück und keine Begründung für oder wider den Beitrag. Womöglich sitzen die Sender das einfach aus. Dies wäre wohl nicht verfassungsgemäß, Ladeur spricht vom „Pjöng-Jang-Verfahren“. Öffentlich-rechtliche Sender hätten sich, anders als Privatunternehmen, gegenüber dem Zuschauer zu erklären.
Ein weiterer Faktor wie die Sender Zuschauer effektiv auf Distanz halten, ohne angreifbar zu sein ist das Thema Transparenz. Wenn wir beim Beispiel SWR bleiben: er veröffentlicht zwar seinen Geschäftsbericht, um offen zu legen für was der Rundfunkbeitrag ausgegeben wird. Doch selbst der SWR Sprecher räumt im Interview mit der Stuttgarter Zeitung ein, dass die Daten nur von Fachleuten zu durchschauen sind.
#blackfacing: #SWR antwortet auf Beschwerde des #Publikumsrat
Der SWR Fernsehdirektor Dr. Christoph Hauser hat auf unsere Programmbeschwerde geantwortet. Es ging dabei um eine Sendung von Verstehen Sie Spaß? in der die rassistische Praxis des Blackfacing vorkam.
Hausers Antwort stellt uns nicht zufrieden, da der unreflektierte Umgang mit Rassismus im SWR offenbar bis in die Spitze des Managements reicht, s. hier: swr_antwort
Deshalb bitten wir den Rundfunkrat in einem weiteren Schreiben, darum, über das Thema zu beraten, s. hier: swrantwort-auf-hauser_