ARD-Gremien: Mehr Transparenz geplant

Wie das  ZDF plant auch die ARD, die Arbeit ihrer Gremien stärker in die Öffentlichkeit zu tragen. In einem Gastbeitrag der Funkkorrespondenz spricht der Vorsitzende der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), Uwe Grund, über die Transparenzinitiative der ARD-Gremien. Demnach habe die mangelnde öffentliche Sichtbarkeit der Rundfunk- und Verwaltungsräte zum Vertrauensverlust auf seiten des Publikums beigetragen. Ergo: durch mehr Transparenz der Gremienarbeit und Mittelverwendung kann das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wieder hergestellt werden.

Die durchaus anzuerkennenden Bemühungen zur größeren Transparenz in den Gremien gegenüber dem Publikum sollen neben der „Veröffentlichung von Angaben zur Gremienzusammensetzung und Gremienstruktur auch Informationen zu den Sitzungsterminen und -inhalten“ sowie „Tagesordnungen und wesentliche Beratungsergebnisse“ umfassen. Allerdings dürfte damit nur teilweise transparent werden, wie die Gremien arbeiten, denn die Protokolle der Sitzungen sollen nicht veröffentlicht werden. Gerade diese würden es dem interessierten Publikum jedoch erlauben, nachzuvollziehen, inwieweit denn die Gremienvertreter und -vertreterinnen ihrem Auftrag nachkommen „Bindeglied und Vermittler zwischen der Gesellschaft und den Rundfunkanstalten“ zu sein, wie es heißt. Ein wirklicher inhaltlicher Dialog zwischen Gremienvertreterinnen und Publikum/Gesellschaft, die die Initiative für einen Publikumsrat für dringend erforderlich hält, ist daher kaum möglich. Zudem werden die wichtigen Entscheidungen nicht nur in den Rundfunkratssitzungen, sondern in den Ausschüssen und Zusammenkünften der „Freundeskreise“ gefällt. Deren Termine und Ergebnisse, geschweige denn die Diskussions- und Abstimmungsprozesse, sollen jedoch nicht offengelegt werden. Diese Kritik teilt der „Publikumsrat“ übrigens mit Bundesverfassungsrichter Paulus, der eine abweichende Meinung im Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Zusammensetzung der ZDF-Gremien geäußert hat (I, Abs. 119, 120). Transparenz und Dialog alleine reichen in einem demokratischen Mediensystem nicht aus, auch Mitbestimmungsmöglichkeiten sollten auf eine breitere Basis gestellt werden.

Ein weiterer Aspekt, der hier angesprochen werden soll, ergibt sich aus der Tatsache, dass die Schaffung von Transparenz eine zusätzliche Aufgabe zur Gremientätigkeit der entsandten Vertreter/innen darstellt. Ganz richtig gibt Uwe Grund zu bedenken, dass sich die  „Gremien […]  hinsichtlich ihrer Rolle und Funktion einer Vielzahl von teils konfligierenden Anforderungen gegenübergestellt [sehen]“ . Die von den gesellschaftlichen Gruppen und Dachverbänden entsandten Gremienmitglieder sind jedoch nicht hauptberuflich mit der Aufsicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betraut – sie gehen meist einer regulären beruflichen Tätigkeit in häufig gehobenen Positionen nach. Es bleibt daher fraglich, ob die zusätzlich Aufgabenstellung dazu beitragen wird, dass zukünftig die Diskussionen über programmliche „Auffälligkeiten“ wie Manipulationsskandale oder unausgewogene Berichterstattung in und mit der Öffentlichkeit geführt werden.

Neben der Transparenz in den Gremien gegenüber dem Publikum möchten wir die Debatte allerdings auch um inhaltliche Belange der Programme erweitern. Es bestehen berechtigte Zweifel, ob Transparenz und Informationen alleine die tiefe Vertrauenskrise des kritischen Publikums hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beseitigen können. Die aktuelle senderinterne und externe Publikumskritik an der Krisenberichterstattung von ARD und ZDF ist schließlich vor allem auf einen Nachrichtenjournalismus zurückzuführen, der zum Teil die nötige Sorgfalt und professionelle Ethik vermissen lässt. Doch nicht nur Nachrichten- und Informationsformate der Öffentlich-Rechtlichen haben das Publikum verstört – auch manipulierte Rankingshows in den Fernsehprogrammen von ARD und ZDF haben dazu beigetragen. Folglich muss die inhaltliche Dimension des Vertrauensverlusts stärker in den Blick genommen werden. Der GVK-Vorsitzenden Grund schreibt zwar, dass die Gremien sich „verstärkt mit der Beurteilung von programmlicher Qualität und der Erfüllung gesellschaftlicher Bedürfnisse auseinandersetzen“ sollen. Dazu wäre es aus Sicht des Publikumsrats notwendig, dass dann die Gremien breitflächig externe Beratung von Wissenschaftler/innen, Expert/innen und vor allem den Dialog mit dem Publikum zu suchen hätten. Schließlich sind die Gremienvertreter/innen nicht automatisch mit der jeweiligen Perspektive aufs Programm vertraut und müssten sich diese vielmehr erschließen. Die Initiative Publikumsrat plädiert deshalb vor allem für die Öffnung der Gremien. Aus Sicht der Initiative für einen Publikumsrat ist deshalb vor allem die Überlegung des GVK-Vorsitzenden Grund hervorzuheben, dass die Gremien „schließlich auch von einer stärkeren Einbindung von Publikum und Gesellschaft profitieren.“ Seiner Meinung nach sollte „mehr Austausch stattfinden, zum Beispiel über soziale Medien oder auch durch „Fragestunden“, wie sie etwa der WDR-Rundfunkrat nach öffentlichen Sitzungen anbietet.“ Diese ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Dialogmöglichkeiten werden seit zwei Jahrzehnten von Kommunikationswissenschafter/innen empfohlen. Dialog über soziale Netze und öffentliche Sitzungen des Intendanten bleiben jedoch punktuelle Ereignisse. Ein Publikumsrat könnte u.E. neben den bestehenden Gremien hier für nachhaltige und vielfältige Dialogmöglichkeiten zwischen Gremien und Publikum sorgen.

Mitbestimmungsmöglichkeiten des Publikums wären ein weiterer, notwendiger Schritt. Auch die britische BBC und der österreichische ORF, die im Beitrag in einem anderen Zusammenhang erwähnt werden, sehen schließlich Dialog- und Mitbestimmung für das Publikum vor. Zuschauer/innen und Hörer/innen können beispielsweise in BBC- „Audience Councils“ (Publikumsräten) mitarbeiten (mehr dazu: Publikumsräte in anderen Ländern). Die Initiative für einen Publikumsrat sieht sich folglich darin bestätigt, sich weiterhin für einen umfassenden Austausch zwischen Gremien und Beitragszahler/innen und vor allem für die Mitbestimmung des Publikums an der Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzusetzen.

 

13. Oktober 2014 von admin
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