Erneutes Gutachten fordert Abschaffung von ARD und ZDF

Unter dem Motto „Zwangsbeitrag? Nein Danke!“ hat ein dreiköpfiges Team aus marktliberalen Wirtschaftswissenschaftlern unter der Ägide des libertären Prometheus-Instituts die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert. Stattdessen soll der Rundfunk nach neuseeländischem Modell privatisiert werden.

Die Autoren des „Gutachtens“ fordern, ähnlich wie der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums, dass öffentlich-rechtliche Angebote nur dort aufrechterhalten werden sollen, wo kommerzielle Medien kein adäquates Angebot machen können. Auch mit anderen Zahlungsverweigerern haben sie gemein, dass die Alternativvorschläge wenig durchdacht erscheinen. Sie bleiben an den wichtigen Stellen vage, so wird nicht erläutert, was ein adäquates Angebot eigentlich ist. In Neuseeland arbeitet der Rundfunk grunsätzlich marktorientiert, kann aber Fördergelder beantragen. Und spätestens beim nächsten Punkt darf man hellhörig werden, denn die Aufsicht und Kontrolle des neuseeländischen Modell ist alles andere als staatsfern:

„Die Vergabe der Fördergelder obliegt der staatlichen, im Zuge der Reform im Jahr 1989 gegründeten, von der Regierung kontrollierten Organisation NZ On Air (vgl. Lucht, 2004, S.290), deren Verwaltungsratsmitglieder vom Rundfunkminister bestimmt werden. Gegenwärtig gehören dem Verwaltungsrat sieben Personen an (vgl. NZ On Air, 2014a, S.6). NZ On Air entscheidet autonom, welche Sendungen von einem besonderen gesellschaftlichen Interesse und damit förderfähig sind.“

Man muss den Autoren Recht geben , dass sich die Angebote von ARD und ZDF momentan zu stark am kommerziellen Rundfunk orientieren und sie sich zunehmend selbst obsolet machen. Oder, dass die Gremien kaum die Vielfalt zivilgesellschaftlicher Organisationen widerspiegeln und die Allianz zwischen öffentlich-rechtlichen Medien und Politik weiterhin zu eng ist. Allerdings verwundert doch die Geschichtsvergessenheit des Gutachtens. Zur Erinnerung: Die starke Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ist direkte Folge der staatlichen Instrumentalisierung des Rundfunks zu Propaganda- und Desinformationszwecken während der Zeit der Nationalsozialisten. Und wer denkt, so etwas könnte heute nicht mehr passieren, irrt gewaltig, wie der Zulauf zu rechstpopulistischen Parteien und deren Beteiligung an Regierungskoalitionen in Europa zeigt.

 

 

27. Mai 2015 von Christine Horz
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