ARD: Hart-aber-fair und die Macht der Sprache
Die letzte Hart-aber-fair Sendung vom 4.6.2018 mit dem Titel: Flüchtlinge und Kriminalität bedient sich deshalb rechtspopulistischer Ressentiments, weil sie den Sprachduktus der Rechten aufgreift. Die Kombination aus Flüchtlingen und Kriminalität suggeriert einen unmittelbaren Zusammenhang, der sich bei näherer Betrachtung relativiert. Er greift außerdem einen Negativaspekt heraus. Nach der Framing-Theorie wird dadurch die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Kriminalität gelenkt. Alles andere verblasst dahinter, nämlich dass die Mehrheit der Flüchtlinge unaffällig ist, dass tausende von Deutschen und Flüchtlinge Freunde geworden sind, durch das große Engagement der HelferInnen – und dass es in den letzten Jahren tausende rechtsmotivierte Angriffe auf Flüchtlinge gab. Die Macht der Sprache ist dabei nicht zu unterschätzen, denn wenn Flüchtlinge und Kriminalität als Frame verankert sind, gelangen alle weiteren Relativierungen oder Differenzierungen nicht mehr ins Gehirn.
Mit dem Thema Rechtsterrorismus halten sich deutsche Talksshows auffallend zurück, wie der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow in einer Untersuchung herausfand. Sie offenbart ein unglaubliches Missverhältnis – in jeder 4. Sendung ging es um Flüchtlinge. Stellt man sie in den Kontext von (Islamistischem) Terror war es gar jede 2. Sendung. Dem Rechstterror widmete sich im Untersuchungszeitraum Oktober 2015-März 2017 (204 Sendungen) eine einzige Sendung. Damit bestätigt seine nichtwissenschaftliche Studie die vorliegenden kommunikationswissenschaftlichen Analysen. MigrantInnen wurden und werden meist negativ konnotiert.
Für Hart-aber-fair ist das offenbar kein Problem, wie der folgende Re-Tweet belegt. Die Ignoranz der JournalistInnen in der Redaktion ist erschreckend – sie glauben immer noch, dass es eine beobachterunabhängige Realität gibt und sie eine (objektive) Realität abbilden – sie müssen Gott sein. Empfehlenswert auch das Interview mit Johannes Hillje in der SZ. MediennutzerInnen können daran ihre Frame-Kompetenz schulen.
Denkwürdige Ignoranz bei @hartaberfair gegenüber der Macht von Sprache. Das Missverständnis: Das Publikum "framed" das Gehörte/Gelesene ganz automatisch, um zu verstehen. Die aktivierten Frames führen zur Meinungsbildung, weniger die Fakten selbst. Siehe: https://t.co/8GZfGaqJD5 pic.twitter.com/2bh8z4kbt0
— Johannes Hillje (@JHillje) June 4, 2018