Leipziger AktivistInnen fordern Publikumsrat

In einem offenen Brief fordert die Leipziger Gruppe aufstehen – eine Sammlungsbewegung den Ministerpräsidenten von Sachsen, Michael Kretschmer (CDU) dazu auf Publikumsräte einzurichten. Diese sollten die bestehenden Gremien ergänzen und per Losverfahren gewählt werden. Ihr Ziel solle sein, auf Basis eines „Qualitätsberichts die Einhaltung des Programmauftrags durchzusetzen“. Auch sollten Journalisten verpflichtet werden, „den gesetzlich festgelegten Programmauftrag zu erfüllen“.

Die Idee der Etablierung von Publikumsräten ist, nun ja, von uns geklaut. Das freut uns.

Die vorgeschlagene Ausgestaltung der Aufgaben sollte man sich aber genauer ansehen. Zunächst müssten die „per Los gewählten“ RepräsentantInnen eine Ahnung davon haben, was mit Qualität im Journalismus gemeint ist. Es klingt zunächst einfach. Aus der Forschung wissen wir jedoch, wie schwierig es ist Qualitätskriterien aufzustellen und noch viel schwieriger, sie zu messen. Wir finden Qualitätsberichte für Öffentlich-Rechtliche sinnvoll. Auch der Schweizer öffentlich-rechtliche Rundfunk lässt sich durch ein externes wissenschaftliches Institut evaluieren. Das Publikum sollte in die Debatte über Qualität und Public Value aber mit einbezogen werden! Umfassend und nachhaltig. Idealerweise würde das im Austausch mit den WissenschaftlerInnen und den PraktikerInnen stattfinden wie etwa in Österreich.

Mit der „Erfüllung des gesetzlich festgelegten Programmauftrages“ ist es auch so eine Sache. Der ist im Gesetz ganz bewußt vage formuliert, weil wir Presse- und Rundfunkfreiheit haben. Damit nie wieder jemand den Medien sagen kann, was sie zu berichten haben, wie schon häufiger in der deutschen Geschichte vorgekommen.

Außer, dass die Allgemeinheit mit Bildung, Information, Kultur und Unterhaltung zu versorgen sei, steht da wenig konkretes im Gesetz. Viel weniger konkret als beispielsweise in Großbritannien für die BBC. Die Erfüllung des Auftrags ist also Verhandlungssache. Bei der Frage wie der Auftrag erfüllt werden kann, bzw. besser erfüllt werden könnte, sollte das Publikum auf jeden Fall einbezogen werden. Das ist aber nichts, was eine Gruppe feststellen sollte, sondern die Ausgestaltung des Auftrags und der Qualität gehört in die gesellschaftliche Debatte und zwar langfristig.

Bei der Presse ist es noch schwieriger, weil es sich dabei um „Tendenzbetriebe“ handelt wie auch die Kirchen. Die Verlage dürfen also durchaus eine Blattlinie festlegen, nach der Journalisten sich zu richten haben.

Die Idee ist also gut (ist ja auch unsere). Die Machart ist aber nicht wirklich durchdacht. Dennoch:  Vorstöße dieser Art können durchaus Impulse zur Öffnung der Medienregulierung und der gesellschaftlichen Debatte geben.

02. August 2019 von Christine Horz
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