#MDR-Rundfunkrat: Im Prinzip verfassungswidrig
Die Neukonstituierung des MDR-Rundfunkrats setzt eine zentrale Forderung des wegweisenden Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Zusammensetzung der Gremien nicht um und ist deshalb verfassungswidrig. In seinem ZDF-Urteil vom März 2014 hatte das höchste Gericht entschieden, dass der Anteil der Politiker maximal 30% betragen darf. Diese Regelung ist auch für die ARD-Anstalten – und damit für den MDR – bindend. Der neu zusammengesetzte MDR-Rundfunkrat übersteigt jedoch dieses Quorum, was Medienpolitiker wie Tabea Rößner, MdB, scharf kritisieren.
Zudem beunruhigt eine Personalie, denn der MDR-Rundfunkratsvorsitz wird von dem christlich-konservativen CDU-Politiker Steffen Flath übernommen. Flath sprach sich in der Vergangenheit gegen die Homoehe aus, ein multikulturelles Deutschland entspricht nicht seinem Weltbild. Nun ist er Chefkontrolleur des MDR und befindet über die Intendantenwahl und Zuschauerbeschwerden.
Dass diese Wahl auch ein G’schmäckle hat, wird an dem Gebaren der CDU deutlich, die erst eine Novellierung des MDR-Staatsvertrags erfolgreich torpedierte und dann auf Zeit spielte, um Flath an dieser prestigeträchtigen Stelle zu platzieren. Zudem übernimmt der CDU-Rechtstaußen den Vorsitz der ARD-Gremienvorsitzendenkonferenz und kann dadurch seinen Einfluss auf alle ARD-Anstalten ausweiten. Eine Fortführung des konstruktiven Dialogs, der mit dem scheidenden Vorsitzenden der Gremienvorsitzendenkonferenz, Uwe Grund begann, erwartet die Initiative für einen Publikumsrat nicht.
#GüntherJauch: Geheime WDR-Studie kritisiert Entertainer
Der Branchendienst kress berichtet über eine (nun nicht mehr) geheime Studie des WDR, wonach der ARD-Programmbeirat den Gesprächsstil sowie die Gäste des „Entertainer ohne Klärungsenergie“ scharf kritisiert. Jauch würde selten nachhaken und Themen im Sande verlaufen lassen. Dadurch hätten die Zuschauer keinen Erkenntnisgewinn, was weder dem Sendeplatz noch dem öffentlich-rechtlichen Auftrag gerecht würde. Der ARD-Programmbeirat – der in der Vergangenheit schon einmal positiv durch seine selbstkritische Haltung bezüglich der Ukraine-Berichterstattung aufgefallen war und von der ARD dafür selbst scharf attakiert wurde – stützt sich dabei auf eine bundesweite Repäsentativbefragung. Im kress Portal wird eine Vorgängerstudie aus 2011 zur Verfügung gestellt, in der Jauch noch gut wegkommt.
Bereits an anderer Stelle hatten wir über das Moderatorenversagen von Jauch berichtet. Selbst wenn er polarisierende Gäste eingeladen hat und höchst wichtige Themen in der Sendung behandelt wie der Umgang mit Flüchtlingen, kommt er ohne Hilfe nicht klar. In diesem Falle war es ARD-Panorama-Moderatorin Anja Reschke – eigentlich ebenfalls Gast in der Sendung – und nicht Jauch, die dem rechtsextremen AFD-Politiker Höcke beherzt widersprach, als der offentlichtlich falsche Behautungen über Flüchtlinge aufstellte.
Schade nur, dass die Studie erst jetzt von einem Mitglied der WDR-Medienforschung geleakt wurde – ganz kurz vor Jauchs Abgang. Schließlich stammt die entsprechende Repräsentativbefragung zu Jauchs Sendung schon aus den Jahren 2011 bis 2012.
#ZDF: Widersprüche in der #ParisBerichterstattung
In den Nachdenkseiten analysiert Sabine Schiffer die Berichterstattung des ZDF zu den Anschlägen in Paris. Zum einen macht sie auf die fehlende Transparenz bei der Nennung der „Hauptberufe“ ZDF-interner Experten wie „Terror-Theveßen“ aufmerksam, wie er im Sender genannt wird. Elmar Theveßen wird regelmäßig in Nachrichtensendungen als „Terrorismus-Experte“ interviewt. Eigentlich ist er jedoch Nachrichtenchef des ZDF und Experte in Personalunion.
In Teilen macht er seine Sache gut, doch auch bei der Präsentation des angeblichen Bekennerschreibens des Daesh (IS) ergeben sich Ungereimtheiten hinsichtlich der Echtheit und Provenienz. Das ist nicht nur schade, zumal Theveßen auf die Hintergründe hätte eingehen können, da er sie kennt. Vielmehr haben die öffentlich-rechtlichen Medien den Auftrag, umfassend und wahrheitsgetreu zu berichten, wobei hier entscheidende Details ausgelassen werden, die für die Meinungsbildung wichtig sein können.
#ARD und ZDF: zur Kritik der #FR an der Berichterstattung post-Paris
In den sozialen Medien und einigen Branchendiensten wie Digitalfernsehen ist eine Debatte über die verzögerte Berichterstattung von ARD und ZDF über das abgesagte Länderspiel am Dienstag entbrannt. Während kommerzielle Sender wie n-tv ab 16.30 live aus Hannover berichteten, liefen in den öffentlich-rechtlichen nur seichte Serien. Die Frage ist doch aber, was an Information bei diesen Live-Schalten tatsächlich herauskommt. Oft genug geht die Nachricht nicht über die Anwesenheit des Moderators vor Ort hinaus.
In Krisenzeiten, zumal bei der Terrorberichterstattung, bedarf es auch gut geprüfter Hintergrundberichte. Die Öffentlich-Rechtlichen werden ihrem Programmauftrag und ihrem eigenen Anspruch immer weniger gerecht. Einerseits werden sie von sozialen Netzen überholt, was die Aktualität und Emotionalität angeht. Andererseits sind sie gefordert, das Geschehen einzuordnen und Hintergrundberichte zu senden. Diese „Zwangsjacke“ in der sich ARD & ZDF befinden, versucht Daland Segler von der Frankfurter Rundschau in der heutigen Ausgabe näher zu ergründen. Um es vorweg zu nehmen: das gelingt ihm mehr schlecht als recht.
Natürlich ist der Vorwurf berechtigt, dass das Fernsehen immer mehr zum Gefühlsfernsehen mutiert. Ständig werden von Korrespondenten und Moderatoren Emotionen abgefragt wo eigentlich Fakten und Hintergründe zu erwarten sind. Das diese nicht immer so schnell zur Verfügung stehen – geschenkt. Aber in Deutschland gibt es ein Heer an Wissenschaftlern und Experten, die in solchen Situationen Hintergründe liefern könnten. Der Bedeutungsverlust von ARD und ZDF ist also dann selbstverschuldet, wenn sie der Emotionalität, die im Internet in überbordender Weise um sich greift, keine neuen Fakten, Blickwinkel und Fragen entgegensetzen wollen, um durch Sondersendungen ohne weiteren Inhalt mehr Zuschauer zu generieren. Es ist doch beispielsweise interessant, warum nicht ähnlich breite Programmflächen für die verheerenden Anschläge in Beirut freigemacht wurden, die vom IS genau einen Tag vor Paris verübt wurden.
Man kann Daland Segler von der FR also entgegenhalten, dass das größere Versagen das ist, was nicht oder kaum vorkommt, weil es eben nicht zum Nachrichtenwert „Nähe“ passt. So bleibt die Berichterstattung von ARD und ZDF nicht nur auf der emotionalen Eben verhaftet, sondern auch zu eng angelehnt an die politische Großwetterlage. Dazu gehört auch die Rede von „Angriffen auf die westliche Welt“ und „unsere Werte“. So furchtbar es ist: Der IS Terror hat sich zu einem globalen Phänomen entwickelt, der es auf alles abgesehen hat, was seiner irren Ideologie widerspricht. Und das sind zuerst die Menschen in der islamischen Welt. Auch müssten die Öffentlich-Rechtlichen die unangenehmen Wahrheiten stärker beleuchten, wie das geschehen konnte.
Schade auch, dass FR-Journalist Segler eine Formulierung bemüht, die sowohl von den „Lügenpresse“-Hanseln der Pegida als auch neoliberalen Lobbyisten der kommerziellen Medien verwendet wird, wenn er von den „Zwangsgebühren“ spricht, mit denen die öffentlich-rechtlichen Medien alimentiert würden. Ernstzunehmende Kritik an ARD und ZDF sollte schlicht an der Einhaltung ihres Programmauftrags ansetzen. Denn dafür bezahlen wir.
#Refugees: German broadcaster ARD offers TV-News in Arabic
The German broadcaster ARD offers a new service for those with Arabic mother tongues.
Daily news can now be found here.
#Dok-Leipzig: Warum man das Fernsehen doch kritisieren soll
Der Leiter des unabhängigen Dresdner Instituts für Medien Bildung und Beratung, Heiko Hilker bespricht ein Interview mit der Festivalchefin der Dok-Leipzig, Leena Pasanen. Darin geht es um die Zukunft des Fernsehens und der Dok-Filmbranche. Dokumentar-Filmer sollten sich demnach vom Fernsehen gänzlich lossagen und ihre Inhalte im Netz anbieten, weil das Fernsehen ohnehin von vorgestern sei und bald nicht mehr genutzt würde. Usern sei es herzlich egal, über welchen Weg sie an ihre Inhalte kommen. Deshalb sei es auch „rückwärtsgewand“, so Pasanen, ARD und ZDF zu kritisieren. Anhand von nachprüfbaren Daten widerspricht Hilker, dass die behauptete exzessive Nutzung der 14-29 Jährigen von Bewegtbild im Netz das Fernsehen sehr bald obsolet machen wird. Gerade einmal 14 Minuten täglich nutzen sie das Internet für audiovisuelle Inhalte – das sind nur rund doppelt so viel wie der Bevölkerungsdurchschnitt (3 Minuten Videos, 3 Minuten für Fernsehinhalte). Sie schauen 144 Minuten Fernsehen, 44 Minuten weniger als der Durchschnitt. Das Fernsehen nimmt also bei allen Altergruppen einen hohen Stellenwert ein.
Öffentlich-rechtliches Fernsehen erhält ca. 8 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen, es ist an einen Programmauftrag laut Paragraf 6 Rundfunkstaatsvertrag gebunden. „Dies ist die Grundlage, auf der die Sender Programm machen dürfen. Warum soll man nicht einfordern, dass sie sich daran auch halten?“ Auch sei die Frage ungelöst, so Hilker, wie denn die Dok-Filmer für ihre kreative Arbeit vernünftig entlohnt werden sollten.
Der Vorsitzende der AG DOK, Thomas Frickel, hat vor einiger Zeit einen interessanten Vorschlag gemacht: 10% des Rundfunkaufkommens von ca. 8 Milliarden Euro könnten für die direkte Projektförderung für internetbasierte Medieninhalte ausgegeben werden. Dok-Filmer sollten sich darauf bewerben, so dass dieser Betrag gestreut werden könnten. Eine gute Idee, die auch als Experimentierfeld für die Zukunftssicherung des öffentlich-rechtlichen Systems genutzt werden kann. Es wäre jedoch darauf zu achten, dass Dokumentarfilme dadurch nicht noch weiter aus dem Hauptprogramm verdrängt werden.
#Paris: Berichterstattung und Reflexe
Nachdem der erste Schock über die furchtbaren Anschläge und damit auch die Sondersendungen in den öffentlich-rechtlichen Medien langsam abebben, kann man diese mit einem nüchternen Blick Revue passieren lassen. Der Bildblog (nicht zu verwechseln mit der Bildzeitung!) hat sich die Mühe gemacht, einige Pressestimmen zur Medienberichterstattung zu sammeln, die womöglich helfen, klarer zu sehen. Haben die Öffentlich-Rechtlichen versagt, weil sie in den ersten Stunden nach den Attacken zwar auf Sendung waren, aber nichts wesentliches berichten konnten? Oder haben sie ihre Sache gut gemacht, weil sie weitgehend auf Spekulationen verzichtet und sich nach der Faktenlage orientiert haben? Fest steht wohl, dass sich nicht nur Paris, sondern auch die öffentlich-rechtlichen Medien im Ausnahmezustand befanden wie der Tagesspiegel verdeutlicht.
Der politische Diskurs über die Anschläge gibt zu denken – und sollte in den öffentlich-rechtlichen Sendern noch deutlicher infrage gestellt werden. Von „Krieg“ redet der Bundespräsident, und Ministerpräsidenten davon, dass die Attentäter einen „Angriff auf die westliche Welt“ und auf „unsere“ Werte durchgeführt hätten. Wirklich? Es ist wohl doch eher der gleiche Terror, den die Menschen in Syrien und anderswo schon lange erleiden müssen und vor dem sie zu uns fliehen.
#ZDFzoom Zschäpe Dokumentation – mehr davon!
So gut recherchiert können öffentlich-rechliche Dokumentationen sein: die Zoom- Sendung über die NSU-Terroristin Zschäpe im ZDF ist empfehlenswert und zum Nachsehen in der Mediathek! Mehr davon!
#Film- und Medienforum Niedersachsen: Publikumsrat auf dem Podium
Der Publikumsrat diskutiert auch in diesem Jahr wieder mit Staatskanzleivertretern und dem Vorsitzenden der Gremienkonfernz ARD zum Thema Medienregulierung und junges Angebot von ARD und ZDF. 6. Film- und Medienforum Niedersachsen.
#Flüchtlingskanal: CSU fordert neuen TV-Sender
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer fordert ARD und ZDF auf, einen Integrationskanal für Flüchtlinge einzurichten. Wie der Branchendienst epd-medien heute berichtet, solle der neue Sender nach dem Willen der CSU „Deutsches Integrationsfernsehen“ sein. Auf dem Programm sollte die „Vermittlung unserer deutschen Werte und unserer deutschen Leitkultur“ stehen. Intendant Thomas Bellut (ZDF) und ARD-Vorsitzender Lutz Marmor äußerten sich nicht direkt auf das an sie gerichtete Schreiben der CSU. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass nicht die Intendanten über neue Sender befinden sondern die Bundesländer.
Die Idee eines Integrationskanals ist nicht neu. Auch in den 1990er Jahren wurde darüber debattiert – und dann zu den Akten gelegt. Und das zu Recht: der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Funktionsauftrag, für alle zu senden und dadurch einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte zu liefern. Im Idealfall sollte er per se integrativ wirken. Um diesem Ideal näher zu kommen, wäre es wichtig, statt „deutscher Leitkultur“ die Vielfalt der Gesellschaft viel stärker als bisher im Programm und bei den Mitarbeitern zu verankern. Auch ein Diversity-Beauftragter in jedem Sender kann diesen Prozess unterstützen. Diese/r könnte aktiv Rekrutierungsmaßnahmen, Fortbildungen für alle Mitarbeiter und Öffentlichkeitsarbeit vorantreiben. Bisher gibt es erst zwei Diversity-Beauftragte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wobei nur einer seine Kontaktadresse veröffentlicht hat.
Laut epd-Beitrag will die ARD demnächst die „Tagesschau 100 Sekunden“ mit englischen und arabischen Untertiteln versehen. Das ZDF will lediglich die Kindernachrichten „Logo“ mit arabischen Untertiteln anbieten. Offenbar denkt das ZDF, die Flüchtlinge müssten auch inhaltlich erst langsam an die komplexe Nachrichtenlage herangeführt werden – oder der Sender zielt tatsächlich nur auf die Zielgruppe der Kinder?!
Die Initiative für einen Publikumsrat begrüßt durchaus, dass mehrsprachige Untertitelungen ausgebaut werden sollen. Auch das Senden von Originalsprachen wäre ein wichtiger Schritt, die Sprach- und Kulturkenntnisse der lange ansässigen Bevölkerung zu bilden. Die Idee eines Flüchtlingskanals, der deutsche Leitkultur senden soll, geht jedoch am gesellschafts-politischen Auftrag von ARD & ZDF und an der gesellschaftlichen Wirklichkeit meilenweit vorbei.