ZDF-Fernsehrat: Länder machen Vorschlag zur neuen Zusammensetzung
Nach aktuellen Informationen der “Funkkorrespondenz” sollen zukünftig keine Parteienvertreter mehr im ZDF-Fernsehrat vertreten sein. Bislang sind 12 Sitze für sie reserviert. Die Plätze wurden entsprechend dem Kräfteverhältnis der Parteien im Deutschen Bundestag verteilt.
Was bedeutet das? Zunächst dürfen laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2014 zukünftig nur noch 1/3 der Gremienmitgleider der “Staatsbank” (Regierungsvertreter und weitere Politiker) zuzurechnen sein. Stattdessen sollen auch nicht verbandsmäßig organisierte, kleinere Interessengruppen und Einzelpersonen sowie kleine politische Strömungen vertreten sein, um einer “Versteinerung” des Gremiums entgegenzuwirken.
Im Juni beschlossen die Ministerpräsidenten der Länder nun, dass der ZDF-Fernsehrat bald nur noch 60 statt 77 Mitglieder zählen soll. Entsprechend des Bundesverfassgungsgerichtsurteils dürfen dann maximal 20 Vertreter/innen eine politischen Hintergrund haben, auch wenn sie “nur” kommunalpolitisch engagiert sind oder nicht explizit für eine Partei im ZDF-Fernsehrat sitzen.
Nun sollen die 16 Bundesländer ihren Sitz behalten, bleiben noch vier freie Sitze für die Staatsbank. Einer soll dann an eine/n Regierungsvertreter/in gehen. Drei Sitze sind für Städte-und Gemeindebund, Städtetag und Landkreistag vorbehalten. Die Staatsbank wäre damit “voll”.
Wie soll nun die “Gesellschaftsbank” (entsendeberechtigte Kirchen, Arbeitgeber, Verbände, Gewerkschaften etc. sowie neu hinzukommende Vertreter) mit dann insgesamt 40 Sitzen besetzt werden?
Derzeit wir ein großes oder ein kleines “Körbemodell” diskutiert, wonach bei dem großen bestimmte Gesellschaftsbereiche sowie die Zahl der jeweiligen Vertreter/innen festgelegt würde. Die Verbände müssten sich, anders als bisher, dann intern abstimmen, wer die Plätze für welchen Gesellschaftsbereich besetzt. Die Länder würden die schwierige Wahl an die Verbände delegieren und wären dann auch nicht angreifbar.
Die Initiative für einen Publikumsrat hält jedoch das “kleine Körbemodell” – wenn es denn ein solches sein soll – für dynamischer und zukunftsweisender als den ersten Vorschlag: Laut Bericht behalten dann die bisherigen, entsendeberechtigten Vertreter/innen der “Gesellschaftsbank” ihre Sitze. Somit sind 27 der insgesamt 40 Sitze der Gesellschaftsbank besetzt, blieben noch 13 Sitze auf der Gesellschaftsbank – im Vergleich zur Staatsbank und den unveränderten Sitzen der Gesellschaftsbank dann die kleinste Gruppe im Fernsehrat. Diese Sitze sollen z.B. an Migranten, Muslime und junge Menschen vergeben werden. Dass diese Vertreterinnen einen festen Sitz zugewiesen bekommen, ist seit Jahrzehnten überfällig und insofern begrüßenswert. Auch in der Friedensbewegung und Attac organisieren sich wichtige Teile der Zivilgesellschaft, so dass auch für diese Sitze reserviert sein sollten. Allerdings wurde über die Auswahlsystematik dieses Teils der Gesellschaftsbank bislang nichts bekannt. Über das weitere Vorgehen beraten die Länder am 25. September 2014 – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Die Initiative für einen Publikumsrat fordert die damit betrauten Politiker/innen nochmals auf, eine öffentliche Debatte unter Einbindung der Zivilgesellschaft über die Neugestaltung des ZDF-Fernsehrats zu führen. Gebührenzahler/innen möchten wissen, wer zukünftig über das Programm und die Wahl des Intendanten mitenstscheidet.
ZDF-Fernsehrat erteilt Rüge wegen Manipulationen bei Rankingshow. Ukraine Berichterstattung wird hingegen gelobt.
In seiner jährlichen Sitzung am 19.9.2014 rügt der ZDF-Fernsehrat die Manipulationen in der Rankingshow „Deutschlands Beste“ – es ist erst die zweite Rüge in der Geschichte des ZDF. Für Intendant Bellut war es „völlig überraschend“ und „rätselhaft“, wie es zu der Verfälschung des Rankings kommen konnte. Eine Untersuchung der Motive, die zu dem Skandal geführt hatten, wurde vom Fernsehrat nicht vorgenommen, wie der Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz auf Nachfrage in der Pressekonferenz in Berlin eingestehen musste. Auch der Abschlussbericht des ZDF zum Skandal, der offenkundig den Ablauf der Manipulation nicht richtig widergab, wurde vom Fernsehrat nicht hinterfragt.
Das Beispiel der manipulierten Rankingsshows zeigt, dass der Fernsehrat seine Kontrollfunktion offenbar nicht ernst genug nimmt. Die notwendige und umfassende Aufarbeitung der Manipulationen durch das Gremium fand nicht statt. Vielmehr wurde, auch in der Pressekonferenz, die demonstrative Nähe zwischen Intendanz und Fernsehrat deutlich. Hier bedarf es eines Gremiums, dass auch Stimmen von außerhalb der Sender bündelt und Stellung zum Programm nimmt.
Anders als der ARD-Programmbeirat lobt der ZDF-Fernsehrat unbeirrbar die Krisenberichterstattung des ZDF zum Ukraine-und Gaza-Konflikt – auch wenn der Intendant, wie er sagte, eine Vielzahl von Beschwerden zu diesem Thema erhalten hatte. Das selbst rennomierte Medien und Korrespondenten eine, wenn nicht propagandistische, anti-russische, so doch zumindest nachlässige Berichterstattung von ARD und ZDF rügen, stört weder das Kontrollgremium Fernsehrat noch den ZDF-Intendanten.
Zudem richtet das ZDF eine Arbeitsgruppe Transparenz ein. Auf Nachfrage anwesender Journalisten wurde jedoch deutlich, dass das ZDF „pokert“, also wie beispielsweise bei den Sportrechten aus Wettbewerbsgründen mit „verdeckten Karten“ spielt. Wann und was transparent wird, entscheidet also das ZDF.
Ukraine-Berichterstattung: ARD-Programmbeirat schließt sich Publikumskritik an
Unsere Kritik findet offenbar Widerhall, denn am Donnerstag den 18.9.2014 bestätigte der ARD-Programmbeirat, dass er die Ukraine-Berichterstattung für einseitig, wenig differenziert und lückenhaft hielt – ein in der deutschen Rundfunkgeschichte ungewöhnlicher Vorgang, dass ein ARD internes Gremium den eigenen Sender kritisiert. Wie der Tagesspiegel berichtet, sah sich das Gremium nach zahlreicher Zuschauerkritik zu diesem Schritt veranlasst. Auch die Initiative für einen Publikumsrat hat die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen kritisch begleitet und sich in die Debatte um die Qualität der Medien u.a. auf Twitter eingeschaltet. Am 11. Juli diskutierte Dr. Christine Horz mit namhaften Experten im Sprechsaal Berlin über die teils tendenziöse Berichterstattung des Ukraine-Konflikts („Wohin treiben unsere Medien? Wohin treiben wir?“)
Initiative für einen Publikumsrat nimmt mit Staatskanzleien Kontakt auf
Die Initiative für einen Publikumsrat hat die Staatskanzleien der Länder in einem Schreiben aufgefordert, sich für mehr Publikumsbeteiligung und Transparenz in den Gremien von ARD, ZDF und Deutschlandradio einzusetzen.
In dem Brief wird darauf hingewiesen, dass der Publikumsrat im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Beuordnung der Rundfunkgremien „die einmalige Chance“ sieht, „den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch die Ermöglichung von Mitbestimmungsmöglichkeiten endlich partizipativer zu gestalten und an der gesellschaftlichen Vielfalt auszurichten – und dadurch letztlich zukunfstfähiger zu machen.“
Die Initiatoren erwarten konkrete Schritte und bieten sich als Gesprächspartner an:
„Die Initiative für einen Publikumsrat erwartet nun von der Politik, dass sie zunächst eine öffentliche Debatte darüber anstösst, welche Institutionen, Gruppen und Personen bei der Neubesetzung des ZDF-Fernsehrats und ggf. anderer öffentlich-rechtlicher Gremien berücksichtigt werden müssen. Hinsichtlich des Stakeholder-Gedankens, der auch in der BverfG-Entscheidung anklingt, vor allem in den ergänzenden Ausführungen des Richter Paulus, ist die öffentliche Debatte um die Zusammmensetzung der Gremien – ggf. in Form einer heterogen und an gesellschaftlichen Realitäten orientiert besetze Kommission, plus wissenschaftlicher Expertise – u.E. unumgänglich. Diesen Vorschlag begründen wir u.a. mit der Schwäche des aktuellen Vorstoßes der Ministerpräsident/innen vom 12.06.2015, den ZDF-Fernsehrat auf 60 Sitze zu begrenzen. Es ist anzunehmen, dass die 16 Bundesländer jeweils einen Sitz für sich beanspruchen, ein Sitz dürfte einem/r Bundesvertreter/in zukommen. Das führt jedoch dazu, dass unorganisierten Interessen sowie Vertreter/innen kleinerer politischer Parteien jenseits von CDU und SPD zukünftig noch weniger repräsentiert sind als vorher. Zudem ist bislang völlig intransparent nach welchen Kriterien Vertreter/innen nicht-politischer, nicht-organisierter Interessen besetzt werden sollen. Wir halten es für dringend geboten, diesen tiefergehenden, öffentlichen Diskussionsprozess einzuleiten. Wir schlagen die Installierung eines Publikumsrats vor, der auf drei Ebenen wirken sollte:
- als Dialog- und Informationsplattform für Bürger sowie die Gremien und Beschäftigten der Sender
- in einer Medien-Watchdog-Funktion soll er sich durch regelmäßige Sendebeobachtung und -auswertung seitens Expert/innen und Mediennutzer/innen für mehr Qualität in den Medien einsetzen
- Der Publikumsrat setzt sich für die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle (Ombudsfunktion) ein, die zwischen Publikum und Rundfunkanstalten vermittelt und durch Mehreinnahmen des Rundfunkbeitrags finanziert werden könnte
Darüber möchten wir gerne mit Ihnen ins Gespräch kommen und würden uns über einen Terminvorschlag freuen.“
Öffentlich-rechtliche Medien müssen mehr Hintergründe zum Gaza-Konflikt liefern
Die Medien sind dazu verpflichtet akkurat und fair zu berichten, relevante Hintergründe zu liefern, damit sich die Bürger ein realistisches und wahrheitsgemäßes Bild von den Vorgängen machen können. Hat die deutsche Presse ihre journalistische Verpflichtung im gewaltsamen Aufbrechen des Nahost-Konflikts erfüllt? Nein, sagt der Journalist David Goeßmann und weist nach: Die deutschen Medien seien kaum von den Hauptpfeilern der Konflikt-Darstellung der israelischen Regierung, der US-Regierung und europäischer Staaten abgewichen. Dabei wurden Informationen unterdrückt, verfälscht und relevante Kontexte ausgespart. Die deutsche Presse zeichnete so ein Bild der Gewaltakte, das fast nichts mehr mit der Realität zu tun habe, so Goeßmann. Denn weder verteidige Israel sich mit Bomben auf Gaza selbst, noch nutze Hamas die Gaza-Bewohner als „menschliche Schutzschilde“, noch gäbe es eine „Gewaltspirale“, die durch den Mord an drei israelischen Siedlern in Gang gesetzt wurde.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zeichnet ein sehr ähnliches Bild des Konflikts, obwohl er den verfassungsmäßigen Auftrag hat, die Allgemeinheit akurat über das Weltgeschehen zu informieren.
Lesen Sie hier Goeßmanns Blog.
ZDF manipuliert die Show „Deutschlands Beste“
Trotz WM-Fieber und Allzeit-Quoten-Hoch – das ZDF kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen. Kürzlich befragte der Sender erstmals via „Hörzu“ und Online-Voting sein Publikum, wer Deutschlands beste Männer und Frauen sind. Eine schöne Geste; das Publikum in eine Abendshow einzubinden- doch die Befragung war ein Fake!
Der Blogger und Medienjournalist Stefan Niggemeier macht die Dramaturgie des Skandals minutiös nachvollziehbar – von der Scheinabstimmung bis zum Eingeständnis des ZDF, dass der Sender die Befragung massiv manipuliert hat. Sein Fazit, das ZDF sei der neue ADAC, macht die Sache nur noch schlimmer – denn anders, als der ADAC ist das ZDF kein Verein, dem man aus freien Stücken beitreten kann – oder eben nicht. Die Rundfunkbeiträge, die alle Bürgerinnen und Bürger zu zahlen haben sowie der verfassungsrechtlich bestimmte Auftrag des ZDF (und anderer öffentlich-rechtlicher Anstalten), die „Grundversorgung“ der Allgemeinheit mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung sicherzustellen, weist dem Sender erhebliche Verantwortung und gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu.
Mit diesem Manipulationsskandal rückt eine brennende Frage in den Vordergrund: werden im ZDF nicht nur Shows sondern auch aktuelle Nachrichten- und Informationssendungen manipuliert?
Die geplanten Entlassung eines angeblich verantwortlichen Redakteurs wird an den intransparenten Strukturen in diesem Sender nichts verändern.
Umso dringlicher ist die Einrichtung einer unabhängigen Publikumsvertretung, denn die bestehenden Gremien verfügen offenbar nicht über geeignete Instrumente, um derlei Fehlentwicklungen zu verhindern bzw. im Nachhinein dafür zu sorgen, dass so etwas nicht wieder vorkommen kann.
Publikumsrat unterstützt die Europäische Bürgerinitiative für Medienpluralismus
Der Publikumsrat unterstützt die europaweite Bürgerintitative für Medienvielfalt und Pressefreiheit. Über 116.000 Personen haben die Petition der Bürgerinitiative bereits unterzeichnet. Das Ziel der Europäischen Bürgerinitiative für Medienpluralismus ist einen Gesetzgebungsentwurf für eine bessere Einhaltung der Medienpluralität und Pressefreiheit an die EU-Kommission zu stellen.
Eine Europäische Bürgerinitiative ist ein neues Instrument des gesetzgebenden Verfahrens der EU und als solches im Vertrag von Lissabon verankert. Mit diesem demokratischen Instrument ist es möglich einen gesetzgebenden Antrag direkt der EU-Kommission vorzulegen. Um dieses Ziel zu erreichen müssen bis zum 18. August 2014 mindestens in sieben EU Ländern insgesamt eine Millionen Unterschriften für die Initiative gesammelt werden. Das #FreeMediaRace soll die
Europäische Bürgerinitiative für Medienpluralismus zum Erfolg führen. Hierzulande benötigt die Initiative mindestens 74.500 Stimmen.
In Deutschland wird die Kampagne bereits unterstützt vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) in ver.di sowie dem Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung (n-ost).
Initiative für einen Publikumsrat beteiligt sich an öffentlichen Konsultationen zu TTIP
Die Initiative für einen Publikumsrat hat sich an der „Öffentlichen Konsultation zu den Modalitäten des Investitionsschutzes und der Investor-Staat-Streitbeilegung im Rahmen der TTIP“ beteiligt (auf der Grundlage der Empfehlungen der Deutschen UNESCO-Kommission). Siehe Öffentliche Konsultationen_TTIP.
Noch bis zum 11. Juli 2014 können sich Organisationen, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger (Einzelpersonen) an einer Konsultation der Europäischen Kommission zu TTIP beteiligen.
Zur Öffentlichen Konsultation zu den Modalitäten des Investitionsschutzes und der Investor-Staat-Streitbeilegung im Rahmen von TTIP gelangen Sie über diesen Link http://ec.europa.eu/yourvoice/ipm/forms/dispatch?form=ISDS&lang=de
Mögliche Antwortelemente zu fünf für den Kultur- und AV-Bereich wichtigen Fragen finden Sie im PDF Dokument zur Anregung und freien Verfügung. Sie basieren auf Beratungen der Koalition Kulturelle Vielfalt am 23.05. 2014 in Mannheim, Vorschlägen aus der Europäischen Allianz der Koalitionen, Entwürfen von ARD/ ZDF und der Initiative Urheberrecht sowie auf dem Vorstandsbeschluss der Deutschen UNESCO-Kommission vom 24.06.2014.
Interview mit Dr. Sabine Schiffer
Erschienen am 13.06.2014 auf dtj-online.de
Programmbeschwerde des Publikumsrats: ZDF-Mittagsmagazin als Bühne für menschenfeindliche Thesen
Wie schon im Falle des Lanz-Interviews mit Sahra Wagenknecht hat sich die Intitiative für einen Publikumsrat erneut entschlossen, eine Programmbeschwerde an das ZDF zu schicken. Dabei geht es um das Interview mit dem Autor Akif Pirinçci, der im Mittagsmagazin seine durchaus demokratiefeindlichen und menschenverachtenden „Thesen“ verbreiten und ausführlich sein Buch bewerben durfte. Die Häufung von Interview-Debakeln im öffentlich-rechtlichen ZDF führt deutlich vor Augen, dass dringend eine unabhängige Stelle für Publikumsbeschwerden eingerichtet werden sollte. Diese müsste, jenseits des individuellen, langwierigen und umständlichen Beschwerdeverfahrens, ermöglichen, dass Zuschauer/innen mit Programmverantwortlichen, dem Fernsehrat und der Intendanz in Dialog treten können.
Hier die Kopie des Beschwerdebriefes an den Fernsehrat des ZDF:
