#Seehofer: ARD und ZDF zusammenlegen

Der Wahlkampf ist bereits in vollem Gange und macht auch vor den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern nicht halt. Spiegel Online zitiert aus der BamS, die in ihrer heutigen Ausgabe ein Interview mit Host Seehofer veröffentlicht. „Im neuen Grundsatzprogramm der CSU, das beim Parteitag im November verabschiedet werden solle, solle es heißen: ‚Wir streben langfristig die Beseitigung von Doppelstrukturen und die Zusammenlegung von ARD und ZDF unter einem Dach an.'“

Seit langem ist der CSU die Berichterstattung der Sender ein Dorn im Auge. Als Beipsiel nennt Seehofer die Kölner Sylvesternacht. Dass dies nur ein vorgeschobener Grund sein dürfte liegt nahe, es geht wohl eher um die Darstellung der CSU in der Berichterstattung. Im Jahr 2012 wurde öffentlich, dass Seehofers Pressesprecher versucht hatte, Einfluss auf das ZDF zu nehmen. Er wollte verhindern, dass der Sender im Wahlkampf über den SPD-Parteitag berichten. Der später als CSU-Medienaffäre oder „Mainzelgate“ bezeichnete Versuch scheiterte, ARD und ZDF berichteten über den SPD-Parteitag im bayerischen Landtagswahlkampf. Auch Markus Söders Sprecherin hatte es 2012 versucht.  Einflussnahme auf die Medien sind kein Einzelfall in der Historie der CSU und reichen zurück bis in die 1960er Jahre. Nicht zu vergessen die Spiegel-Affäre in welchem dem Bayerischen Ministerpräsident F.J. Strauß  sogar Einflussnahme auf die Ermittlungsbehörden und ein Angriff auf die Pressefreiheit vorgeworfen wurde.

„Als Auslöser der „Spiegel-Affäre“ galt der Artikel „Bedingt abwehrbereit“, der zum Vorwurf des Geheimnisverrats, der Durchsuchung der Redaktionsräume des Magazins sowie zur Verhaftung von Conrad Ahlers und Rudolf Augstein führte. In diesem Zusammenhang wurden Franz Josef Strauß eine Einflussnahme auf die Ermittlungsbehörden und ein damit verbundener Angriff auf die Pressefreiheit vorgeworfen. Bei der „Sonthofener Rede“ handelte es sich um Ausführungen von Franz Josef Strauß auf einer CSU-Klausurtagung in Sonthofen, die nach Auffassung des „Spiegel“ Franz Josef Strauß einmal mehr als aggressiven und machtbesessenen Zyniker entlarvten.“

Sicher will Seehofer damit polarisieren und somit im Wahlkampf die Berichterstattung auf sich ziehen. Denn so sehr er die Öffentlich-Rechtlichen hasst, so sehr ist er auf sie angewiesen. Womöglich wäre es das beste, wenn die Politik und die Sender gar nicht darauf reagieren. Zweitens dient sich Seehofer damit den AfD Wählern an, denn die will ARD und ZDF gleich ganz abschaffen. Alles in allem recht durchsichtig. Wichtig wäre es, wenn die Sender und Rundfunkratsmitglieder viel entschlossener auf jene zivilgesellschaftlichen Gruppen zugingen, die konstruktive Kritik üben, denen aber klar ist, das Meinungspluralismus entscheidend von der Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abhängt. So könnten neue Allianzen und eine Beteiligung der ZuschauerInnen und HörerInnen entstehen. Denn es ist nur eine Minderheit (auch wenn sie laut ist), die ernsthaft ausschließlich kommerzielle Medien, voll von Werbung will (ja, liebe ARD & ZDF-Verächter: das ist das Finanzierungsmodell!), und die womöglich auch noch CSU und AfD Propaganda betreiben.

11. September 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#Schweiz: #NoBillag Initiative und der Verfassungsauftrag der #SRG

Schweiz, du hast es besser!? Es gibt Publikumsräte und regionale Bürgergruppen, die Teil der Organisationsstruktur der SRG sind, dem Schweizer Pendant der öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland. In ihnen sind bereits über 25 000 Mitglieder in zahlreichen Regionalgruppen aktiv. Bürgerbeteiligung auf hohem Niveau, man könnte neidisch werden. Ein Blick in das Nachbarland Schweiz zeigt jedoch, dass derzeit heftige Debatten um die Zukunft des Schweizer öffentlichen Rundfunks geführt werden.

Der SRG-Chef Roger de Weck schildert in einem Gastbeitrag in der Neuen Zürcher Zeitung, welchen Verfassungsauftrag der öffentliche Rundfunk  hat. Er wendet sich damit gegen die sogenannte „No Billag“ Initiative, die den öffentlichen Rundfunk in der Schweiz abschaffen will.  Im Jahr 2017 stimmen die Schweizer ab, ob ihr Rundfunk zukünftig nur noch kommerziell sein wird oder nicht. Dafür ist eine Verfassungsänderung notwendig, da der Auftrag der SRG beschnitten werden soll. Der von der rechtsnationalen SVP mit vorangetriebenen Initiative ist es gelungen den Volksentscheid zu erwirken, der dafür notwendig ist.

Ob den meisten NoBillag-Anhängern klar ist, was dies bedeuten würde ist fraglich. Die SRG liefert Qualität in einem viersprachigen Medienmarkt. Das ist teuer – nur 22 % könnten aus Werbeerlösen gedeckt werden, beim Sport nur 13% wie de Weck eine Untersuchung des Bundesrats zitiert. Die Schweizer würden folglich eine massive Boulevardisierung ihrer Radio- und Fernsehprogramme erleben, fielen die öffentlichen Gelder nach einer ablehnenden Abstimmung weg. Denn Qualitätsprogramme wären einfach nicht finanzierbar. Die Sender wären fortan käuflich. An gleichberechtigte Kulturförderung der unterschiedlich großen Minderheiten wäre dann auch nicht mehr zu denken. Kleinere Minderheiten wie die Rätoromanen würden wohl komplett abgehängt, denn die SRG finanziert gegenwärtig deren Sendungen quer aus dem Gesamtetat, der überwiegend von Deutschschweizern gefüllt wird. Keine gute Aussicht also für die demokratische Meinungsbildung in unserem kleinen Nachbarland.

Aber womöglich besinnen sich die Schweizer, stimmen gegen eine Verfassungsänderung und engagieren sich lieber selbst für mehr Dialog und Transparenz in den existierenden Publikumsräten und Bürgervereinen, die die SRG tragen.

05. September 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#Fussballrechte: Kritik von Wirtschaftsliberalen wird lauter

Die Kritik an der Dominanz des Fussballs in der Sportberichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen nimmt zu. In einem Artikel der FAZ  wird vor allem die Perspektive der ausgewiesenen Beitragsgegner  eingenommen, wie dem Verband privater Rundfunkanbieter (VPRT), der selbstverständlich die Interessen seiner Mitglieder, der kommerziellen Rundfunksender, vertritt.  Auch Justus Haucap  kommt zu Wort, der von Verschwendung spricht.  Haucap war Mitautor eines Papiers, mit dem er vergangenes Jahr die Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks forderte. Gut zu wissen ist allerdings, dass dieses „Gutachten“ von der wirtschaftsliberalen, FDP-nahen Lobbygruppe Prometheus-Institut in Auftrag gegeben wurde. Auch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums findet in dem FAZ Beitrag von Michael Ashelm und Henning Peitsmeier Erwähnung, das sich dafür ausspricht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur noch eine Ergänzungsfunktion zum kommerziellen Rundfunk haben sollte (was derzeit verfassungswidrig ist).

Nun ist es durchaus angebracht, die Vergabe von Fussballrechten, die hohen Summen die damit verbunden sind sowie die Abhängigkeitsstrukturen, die zwischen Sender und Clubs entstanden sind in Frage zu stellen. Wenn sich aber die Kritik aus einseitigen (kommerziellen) Interessen speist, wird sie schnell unglaubwürdig – ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Hier sind auch die Zuschauer gefordert, stärker mitzudenken, damit sich – neben den unabhängigen Wissenschaftlern – eine weitere Interessengemeinschaft formiert, die jenseits von Polemik und Wirtschaftsinteressen die Öffentlich-Rechtlichen mahnt, im Hinblick auf die Sportberichterstattung transparenter, sparsamer und vielfältiger zu werden.

29. August 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#TVKritik: #Monsoon Baby

An dem Film Monsoon Baby den das Erste gestern abend ausstrahlte, scheiden sich sicher die Geister. Einige mögen ihn für eine gelungene Darstellung der Komplexität moralischer Entscheidungen einer Leihmutterschaft angesichts der Globalisierung halten. Man kann ihn aber auch als weiteren Beleg dafür nehmen, dass die öffentlich-rechtlichen Medien sich schwertun mit der Darstellung von Diversität und transkulturellen Thematiken. In dem Film geht es um ein deutsches Paar, Nina und Marc, dass sich entschließt eine indische Leihmutter zu engagieren, um ihr Baby auszutragen, obwohl dies in Deutschland verboten ist. Im Verlauf des Films bekommt Nina moralische Skrupel als sie vor Ort in Kolkatta bemerkt unter welchen Lebensbedingungen sich indische Frauen für ein Leihmuttergeschäft entscheiden (müssen). Die Autoren Andreas Kleinert und Florian Hanig gaben sich zwar sichtlich Mühe ein differenziertes Bild zu zeichnen. Doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Der Film ist voll von Stereotypen, Kulturrelativismen und neokolonialen Perspektiven. Eine Schlüsselszene: nachdem die indische Leihmutter, Shanti – „natürlich“ eine Slum-Bewohnerin, Probleme mit ihrem Mann bekommen hat, flüchtet sie zu Verwandten in die Sümpfe. Um ihren Aufenthaltsort ausfindig zu machen, zahlen die Ärzte der indischen Klinik die Polizei, um Shantis Mann zusammenzuschlagen, weil er ihren Aufenthaltsort nicht preisgibt. Die Eltern des Kindes schauen gefühlt minutenlang zu, wie die Polizei mit Stöcken auf den am Boden liegenden Mann eindrischt. Irgendwann will Nina, gespielt von Julia Jentsch, eingreifen, doch die Klinikärztin (!) hindert sie daran dem Mann zu helfen. Moral: in Indien gelten eben andere Regeln und dort ist es in Ordnung, Menschen von bezahlten Polizisten verprügeln zu lassen.

Im deutschen Fernsehfilm waren es bislang meist Muslime, die als Synonym für Fremdheit standen. Hier nun ist es der indische Subkontinent und seine Bewohner/innen. Die indische Gesellschaft wird als korrupt, moralisch verwerflich aber gleichzeitig als bunt und „so anders“ dargestellt. Womöglich beabsichtigen die Autoren damit, den Zuschauer/innen die neokoloniale Perspektive des deutschen Paares näherzubringen. Es gelingt aber nur an wenigen Stellen, transkulturelle Gemeinsamkeiten, Menschliches darzustellen – etwa als Nina mit einer indischen Leihmutter nach der Geburt und Abgabe des Kindes an die westlichen Eltern den Schmerz der Trennung vom Kind mitfühlt. Insgesamt bleibt das Indienbild stereotyp, distanziert. Fremdheit wird zelebriert – wortwörtlich auch in der schnell einberufenen Hochzeit, die Nina und Marc als Voraussetzung des Leihmuttergeschäfts in Indien vorweisen müssen.

Hier macht sich wieder einmal bemerkbar, dass es die Öffentlich-Rechtlichen bisher versäumt haben, eine Expertise zu Diversität und Transkulturalität, zum Erzählen zwischen den Kulturen aufzubauen. Nach wie vor gibt es keine Diversity-Einheiten, Schulungen oder Strategien in den Sendern.

 

 

 

18. August 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#ZDF veröffentlicht Redaktionsleitergehälter – ganz versteckt

Bei der Frage der Transparenz der Leitungsgehälter in den Öffentlich-Rechtlichen sind zwar mittlerweile fast alle Intendantenbezüge öffentlich. Doch die Transparenz hinsichtlich der Einkommen des weiteren Managements wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Der WDR hat selbst die Gehälter der gesamten Geschäftsleitung veröffentlicht. Das ZDF veröffentlicht lediglich Druchschnittsgehälter der Direktoren. Unter dem Punkt „Was verdient ein Direktor?“ wird das durchschnittliche Direktorengehalt mit 227.293,33 Euro angegeben. Dirketorengehälter bekommen etwa der Programmdirektor und der Chefredakteur. Weitgehend nicht bekannt ist, was die nächste Riege, die Redaktionsleiter verdienen. Das ZDF hat in diesem Jahr zumindest die Gehälter einiger führender Mitarbeiter veröffentlicht – nolens volens könnte man sagen, denn die Summen tauchen nur deshalb in den Berichten des Verwaltungsrats auf,  weil er bei diesen Mitarbeitern über die Verlängerung ihrer außertariflichen Gehälter zustimmen musste.

Das Protokoll vom 18. März 2016 macht unter TOP 4 deutlich, dass der Leiter Hauptabteilung Personal über 153.000 Euro plus Zulagen erhält und der Leiter Hautredaktion Neue Medien über 141.000 plus Zulagen. Das Protokoll vom 18. Mai 2016 gibt unter TOP 2 darüber Auskunft, dass der Leiter Hauptredaktion Sport über 136.000 Euro plus Zulagen bekommt, seine Kollegin von Kinder und Jugend 125.400 Euro. Ohne darüber zu urteilen, ob die Gehälter gerechtfertigt sind oder nicht fällt auf, dass die Stelle der weiblichen Führungskraft niedriger entlohnt wird. Der Vertrag mit Programmdirektor Dr. Norbert Himmler wurde in der Sitzung vom 22. Januar 2016 ebenfalls verlängert – sein Gehalt wurde jedoch im Protokoll des Verwaltungsrats nicht veröffentlicht, so dass darüber spekuliert werden kann, ob seine Bezüge über dem Durchschnittsgehalt eines Direktors liegen.

 

 

12. August 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#Sportrechte: Welche Regeln gelten in der EU?

Spätestens seit der Fussball EM der Männer wird wieder über die Vergabe von Ausstrahlungsrechten sportlicher Großereignisse im Rundfunk diskutiert. Doch welche Regeln gelten eigentlich in der EU? Die Audiovisuelle Informationsstelle IRIS hat einen brandaktuellen Bericht für alle veröffentlicht, die sich für die rechtlichen Grundlagen der Sportberichterstattung interessieren.

Zunächst werden die Veränderungen in der Medienlandschaft, wie das Aufkommen zahlreichen Sportkanäle und Internetplayer ebenso angesprochen wie Eigentumsrechte und die enge Verflechtung zwischen Sport und Medien. Im zweiten Kapitel geht es konkret um die internationalen Konventionen zur Sportberichterstattung sowie EU-Recht und Richtlinien. Im dritten Kapitel werden die rechtlichen Bedingungen in EU Ländern einzeln beschrieben, darunter die Fussballrechtevergabe in Deutschland. Im vierten Teil geht es um (Selbst-)Regulierungsfragen und im fünften Kapitel werden aktuelle Beispiele der Rechtsprechung dargelegt. Ein Ausblick auf anstehende Reformen rundet den Bericht ab.

 

07. August 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#Quote: ARD-Vorsitzende Karola Wille sucht neue Impulsgeber für das Programm

In einem Gespräch mit PlanetInterview spricht die ARD-Vorsitzende und Intendantin des MDR daürber, dass die Quote nicht alleinigen Impulsgeber für die Programmplanung bleiben solle. Das kann so interpretiert werden, dass die Programmplanung innerhalb der ARD zukünftig auch auf andere Instrumente zurückgreifen will. Frau Wille macht deutlich, dass auch nicht unbedingt massentaugliche Sendungen zum Programm gehören, um die Vielfalt der Lebenstile, Interessen etc. widerzuspiegeln. Allerdings lässt sie offen, wie genau sie sich das vorstellt. Offenbar müssen ja neben dem quantitativen Element Quote weitere, qualitative Elemente hinzukommen.

Wir schlagen deshalb vor, dass die ARD hierzu den Dialog mit dem Publikum ausweitet, eine eigene Platform mit sichtbaren Ansprechpartnern schafft, die Umfragen und regelmäßige Diskussionsveranstaltungen organisieren und das Publikum umfassend informiert und in die Planung einbindet. Damit wäre dann auch der Transparenz gedient. Zumindest ein wenig. Ob es den Zuschauer/innen etwas bringt, zu erfahren, was die Intendanten verdienen – ja vielleicht. Aber wie in allen Unternehmen entscheiden darüber die Sozialpartner und die Gremien. Leider bleiben im Rundfunk die Stakeholder – die (noch) nicht organisierten Hörer/innen und Zuschauer/innen, die Beitragszahlenden  – noch weitgehend außen vor.

Dialog auf Augenhöhe, Einbindung des Publikums in die Programmplanung, verständlich verpackte Transparenz hinsichtlich der Strategien und Ausrichtungen der Sender wären schon mal ein guter neuer Impulsgeber.

03. August 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#Rundfunkbeitrag: Länder fordern zum Sparen auf

In einem Interview mit promedia, das im Portal medienpolitik.net zweitveröffentlicht wurde, erhöht der Chef der sachsen-anhaltinischen Staatskanzlei, Rainer Robra, erneut den Druck auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu sparen. Sachsen-Anhalt gehört zu den Bundesländern, die die Empfehlung der KEF umsetzen wollen, die Rundfunkbeiträge um 29 Cent zu senken. Die Befürchtung, dass dann ab 2021 eine stärkere Erhöhung drohe, hält er für unseriös, da Prognosen über einen so weiten Zeitraum kaum zu treffen seien. Robra fordert, dass die Anstalten Ballast abwerfen und Doppelstrukturen abbauen müssten.

Sicher müssen die Sender ihre Strukturen straffen und gleichzeitig innovativer und offener werden. Die Frage bleibt, wie weitreichend das zu verstehen ist – denkt Robra (und womöglich andere Ländervertreter) mittel- bis langfristig auch über eine Fusion von ARD und ZDF nach? Auch ungeklärt bleibt in dem Interview, was damit genau gemeint ist, wenn er davon spricht, dass „der Gesetzgeber die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in abstrakter Weise festlegt.“ Klar ist, dass die Sender Programmfreiheit geniessen, der Gesetzgeber also keine konkreten Vorgaben bezüglich der Programminhalte machen darf. Allerdings ist der Funktionsauftrag rein rechtlich nicht an die öffentlich-rechtlichen Anstalten gebunden. Vielmehr kann der Gesetzgeber auch darüber entscheiden, wie er den Funktionsauftrag umsetzen möchte. Das heißt, dass auch öffentlich-rechtliche Sendefenster im ansonsten kommerziellen System möglich wären, der Funktionsauftrag nicht zwingend an die Anstalten gebunden ist. Dafür spricht auch die vage Aussage zur Aufgabe der Arbeitsgruppe „Auftrag und Strukturoptimierung der Rundfunkanstalten“ :

„Innerhalb der Arbeitsgruppe wird geprüft, welche Optionen bestehen, das Gesamtsystem öffentlich-rechtlicher Rundfunk effizienter zu gestalten als bisher. Es wird dadurch nicht in Frage gestellt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Medium und Faktor freier, individueller und öffentlicher Meinungsbildung unverzichtbar ist.“

Dass ein solches Modell letztlich nur einen Übergang zu einem rein kommerziellen System und einem erheblichen Verlust an Medienpluralismus und Qualität führt, zeigen die Beispiele Portugal und Neuseeland, die diesen Schritt gegangen sind. Das kann niemand wollen, der ernsthaft an möglichst unabhängiger Meinungsbildung interessiert ist.

Auch die Bedenken der Filmschaffenden, die endlich fair entlohnt werden sollten, räumt Robra aus dem Weg. Wenn keine Beitragssenkung käme, würden die Filmschaffenden auch nicht fairer entlohnt, da das überschüssige Geld in einen Fond fließen soll, der für Beitragsstabilität nach 2021 sorgen soll. Doch was passiert mit dem Fond und der Beitragsstabilität, wenn die Beiträge gesenkt werden? Entweder müssen die Sender noch mehr sparen und die Filmschaffenden hätten wieder einmal das Nachsehen. Oder der Beitrag würde nach 2021 voraussichtlich doch steigen.

Die Absenkung des Rundfunkbeitrags um 29 Cent ist bei vielen Beitragszahlenden populär, weshalb einige Ländervertreter sich dafür aussprechen. Für den Einzelnen bedeutet er tatsächlich eine kaum messbare Einsparung. In der Summe kann er jedoch große Auswirkungen auf das öffentlich-rechtliche System haben, die vorraussichtlich nicht nur positiv (im Sinne einer Qualitätsverbesserung, mehr Zuschauerbeteiligung, fairere Entlohnung der Kreativen etc.) sein werden.

Viel besser als auf die populären 3,48 € (pro Jahr!) zu schielen, wäre es, wenn sich die Länder über qualitative Verbesserungen Gedanken machen würden und sich gemeinsam mit Medienvertretern und Zuschauer/innen und Hörer/innen austauschen würden, was sinnvoll und möglich ist. Die Sendeanstalten sollten trotzdem kritischer werden und sich weniger am politischen Mainstream orientieren. Die ARD-Gremien haben die Entwicklung innovativer Konzepte angemahnt. Das Beispiel der BBC zeigt, dass kritische Beobachtung der Politik, verbunden mit qualitativ hochwertigem Programm und dem Dialog mit dem Publikum eine breite Machtallianz gegen einseitige Sparmaßnahmen der Politik schafft – und letztlich die BBC zu einer der vertrauenswürdigsten Institutionen gemacht haben.

 

02. August 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#WDR: Atheisten bekommen Sitz im Rundfunkrat

Der nordrhein-westfälischen Landtag hat einem gemeinsamen Antrag des Humanistischen Verbands Deutschlands (HVD), des Internationalen Bunds der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) stattgegeben und einen Sitz im WDR-Rundfunkrat als Vertretung für nicht konfessionell gebundene Menschen zugesprochen. Neben sechs weiteren, bislang noch nicht vertretenen Gruppen, ziehen erstmals Atheisten in den Rundfunkrat ein. Weiter wurde die Ärtzekammer Westfalen-Lippe, die Deutsche Initiative für den Nahen Osten, der Deutsche Kinderschutzbund (NRW), der Mieterschutzbund, der Landesjagdverband sowie der Weisse Ring in den WDR Rundfunkrat berufen. Der Publikumsrat hatte sich beworben, war jedoch nicht berücksichtigt worden. Der WDR Rundfunkrat plant die Wahl der im WDR-Gesetz festgelegten zwei Mitglieder am 2. September 2016. Annähernd 140 Personen hatten sich beworben.

01. August 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

#Terrorberichterstattung: Plötzlich ist jeder ein Terrorexperte

Über die – wieder mal – unsägliche, weil hoch spekulative Berichterstattung vor allem der ARD ist in den vergangenen Tagen einiges gesagt worden. Doch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender tun sich offenbar schwer, einen adäquaten Umgang mit Amok und Anschlägen zu finden, wobei es durch die Schlagzahl der Ereignisse nicht besser wird. Immerhin wird nun öfter davon gesprochen, dass man die letzten Taten schlecht einschätzen könne. Nichtsdestotrotz präsentierte die ARD  nun einen neuen „Terrorexperten“ in Person des SZ Chefredakteurs Georg Mascolo. Wie der Autor Bernd Ziesemer aufdeckt, war Mascolo schon Experte in vielerlei Thememgebieten:

„Finanzexperte (Panama Papers), „DDR-Experte“ (Jahrestag des Mauerfalls) oder „Geheimdienstexperte“ (BND-Skandal) … Sein Vorteil: Mascolo plaudert relativ intelligent über jedes Thema – auch wenn er nicht wirklich etwas über das Thema weiß. Solche Experten liebt man im Fernsehen, wo nichts wichtiger in einer Sondersendung ist, als solange zu reden, bis endlich wieder neue Nachrichten hereinkommen. Das kann Mascolo. Mehr aber leider auch nicht.

Ganz offensichtlich versäumen es die Sender, systematisch Experten heranzuziehen und aufzubauen.“ Das müssen ja nicht unbedingt ehemalige „Polizisten, Generäle oder Schlapphüte“ sein, wie Ziesemer vorschlägt.  Es gäbe ja auch noch Wissenschaftler, die sich seit Jahren und sehr fundiert mit diesen Themen befassen.

An dem Befund des Autors, dass die Öffentlich-Rechtlichen Strukturen zu schwerfällig sind, um Redakteure an den Ort des Geschehens zu schicken mag etwas dran sein. Andererseits bringen auch Reporter vor Ort nichts, wie man gesehen hat, wenn sie über weniger Informationen verfügen als die Frau /der Mann im Studio. Und: eine zusätzlicher Nachrichtenkanal (neben PHOENIX), wie derzeit diskutiert, kann dieser Misere auch nicht abhelfen. Viel wirksamer dürfte es sein, in den Sendern kleine Rechercheeinheiten aufzubauen, die einen Themenkomplex phänomenologisch aufarbeiten und im Idealfall zu gegebener Zeit genügend Hintergrundinformationen und wirkliche Experten verfügt, um auch bei dünner Informationslage differenziert berichten zu können.

 

 

 

27. Juli 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | Schreibe einen Kommentar

← Ältere Artikel

Neuere Artikel →