#HöckebeiJauch: Moderatorenversagen
Am letzten Sonntag war der Thüringische AfD-Politiker Björn Höcke im ARD-Talk „Günther Jauch“ eingeladen. Thema der Sendung war „Pöbeln, hetzen, drohen – wird der Hass gesellschaftsfähig?“ Davon abgesehen, dass Höcke sich mehrfach selbst diskreditierte – eine Deutschlandflagge sollte wohl seine extreme Vaterlandsliebe symbolisieren, war aber verkehrt herum aufgehängt – bot Jauch eine schwache Vorstellung, wie auch Sabine Schiffer im Interview mit dem Tagesspiegel deutlich macht. Dass Leute wie Höcke in das öffentlich-rechtliche Fernsehen eingeladen werden ist in einer Demokratie nicht das Problem. Sie sollten jedoch auf kompetente Moderatoren treffen, die ihnen Paroli bieten können. Jauch, der eher dem People-Talk zuzurechnen ist und damit der Unterhaltung, hatte kaum etwas vorzuweisen, um Höcke argumentativ zu entkräften. In der Talkrunde war auch die Panorama-Moderatorin und Leiterin des Ressorts Innenpolitik beim NDR Anja Reschke geladen. Sie konnte die Mängel Jauchs durch „beherztes Eingreifen“ zumindest teilweise ausgleichen. Ein weiteres Problem mit rechten Meinungsführern ist, dass in den Medien nach solchen Einladungen verstärkt über sie gesprochen wird – statt beispielsweise über die immer zahlreicher werdenen Opfer rechter Gewalt.
#ARDCheck: Inszenierte Transparenz
Der ARD Check (Das Erste, 19.10.2015, 21 Uhr) war die erste öffenliche Sendung, in der das Publikum zwei Intendanten der ARD Fragen stellen durfte und Antworten bekam. Doch ist das schon die vielbeschworene Transparenz, der sich die Sender neuerdings verschrieben haben? Das ausgewählte Studiopublikum der Live-Sendung, ca. 150 Hörer und Zuschauer, hatte noch die Möglichkeit einigermaßen überraschende Fragen zu stellen. Durch den Auswahlfilter der Online-Fragen schafften es nur drei in die Sendung. Andere (ausgewählte und wenig kontroverse) Fragen wurden online beantwortet. Tom Buhrow (WDR) und Lutz Marmor (NDR) waren naturgemäß gut vorbereitet. Für alles gab es eine Erklärung, sei es für die Auswahl der im Fernsehprogramm übertragenen Sportarten, dem verschwundenen Wunschkonzert wie auch nach (fehlenden) Quality-Serien a la Breaking Bad im öffentlich-rechtlichen TV oder der von einigen Zuschauern artikulierten tendenziösen Berichterstattung zu internationalen Konflikten.
Die Fragen drehten sich zu Anfang fast nur um’s Programm. Im Tenor der Antworten spielte das (fehlende) Geld der ARD eine große Rolle – angesichts der anstehenden Verhandlungen mit der KEF, die den Finanzbedarf der Sender ermittelt, kaum verwunderlich, wie der Tagesspiegel analysiert. Damit die Diskussion nicht in Richtung „Verschwendung“ in den Öffentlich-Rechtlichen abrutschte (Stichwort: Millionenbeträge für Thomas Gottschalk) wurde dieser Aspekt durch Einspieler begleitet, in dem die ARD wiederum die Möglichkeit nutzte, zu erklären wohin das viele Geld aus Rundfunkbeiträgen geht. Zu recht fragte die Schauspielerin Sabine Postel, warum die an Spielfilmproduktionen wie dem Tatort beteiligten Kreativen und Schauspieler unterbezahlt sind. In diesem Kontext wirkt die Schauspielerin jedoch eher wie ein Testimonial für die Forderung nach besserer finanzieller Ausstattung der Sender.
Das Duell mit dem Medienkritiker Hans Hoff wird ansatzweise interessant, als Hoff mahnt, dass Lutz Marmor keine wirkliche Vision für die Zukunft der ARD entwickelt habe. Aber nach etwas mehr als einer Minute ist das auch schon vorbei.
Das zweite große Thema ist die Glaubwürdigkeit der ARD. Im Einspieler wird ernsthafte und belegbare Kritik (Ukraine-Berichterstattung) mit rechstnationalen „Lügenpresse“-Vorwürfe in einen Topf geworfen. Das ist mindestens schlechter Stil, der einer differenzierten und selbstkritischen Auseinandersetzung im Wege steht. Dann kommt Anne Will, um zu erklären wie toll sie ist, weil sie die „Kanzlerin der Herzen“ alleine interviewt hat.
Die Zuschauerfragen, die dann kommen sind nun wirklich spannend und weisen auf das, was fehlt – eine Ethik oder wenn man so will einen Zukunftsentwurf für die Öffentlich-Rechtlichen. Eine Zuschauerin beklagt die Verflachung politischer Berichterstattung, Hintergründe würden oft fehlen. Buhrow widerspricht, natürlich. Jemand fragt, warum nicht „normale“ Zuschauer in Sendungen eingeladen würden. Buhrow verweist an die Redaktionen. Eine Frau Dr. Schünemann beklagt, das über kriegerische Handlungen von Westmächten oft zu wohlwollend berichtet wird. Wird mehr oder weniger elegant als subjektive Wahrnehmung abgebügelt. Eine weitere wichtige Frage ist die, warum ARD und ZDF mit den nach deutschem Recht illegal arbeitenden Netzwerken wie Google und Facebook zusammenarbeiten. „Wir kommen an Facebook nicht vorbei“ ist die Antwort von Marmor.
Insgesamt bleibt der ARD Check eine Inszenierung von Transparenz, was wohl auch am Format liegt. In einer eineinhalb stündigen TV-Sendung können die drängenden Fragen nur angerissen werden. Der Sender nutzte zudem seine Möglichkeiten, die ARD möglichst gut dastehen zu lassen. Wichtiger wäre deshalb ein wirklich gemeinsamer und nachhaltiger Dialog mit einem Publikumsgremium, und zwar auf Augenhöhe und zielorientiert.
Heute: ARD-Check# im Ersten
Heute Abend, 21.00 Uhr, stellt sich die ARD im ARD-Check live den Fragen des Publikums. NDR-Intendant Lutz Marmor und WDR-Intendant Tom Buhrow geben 150 ZuschauerInnen „die Gelegenheit, den beiden Fragen zu stellen“. Sandra Maischberger moderiert. Dies soll der Transparenz dienen.
Das Fomat wurde bereits zweimal im WDR getestet; wir berichteten. Nun soll es im Ersten den Wunsch des Publikums nach mehr Transparenz befriedigen. Doch ob das mit vereinzelten Sendungen erreicht werden kann, darf bezweifelt werden – oder wie die Frankfurter Rundschau in ihrer Printausgabe schreibt: „ARD lässt sich live ein paar Fragen stellen“.
#Flüchtlinge müssen keinen #Rundfunkbeitrag zahlen
Nun fasst sich auch der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ein Herz (zumindest ein halbes): Flüchtlinge sollen keine Zahlungsaufforderung für den Rundfunkbeitrag erhalten – wenn sie in einer Sammelunterkunft wohnen.
Nach der öffentlichen Kritik daran, dass der Beitragsservice in der aktuellen Notlage offensichtlich nichts besseres zu tun hat, als mithilfe der Sozial- und Einwohnermeldeämter die Geflüchteten ausfindig zu machen und anzuschreiben, heißt es nun, dass man Sammelunterkünfte mit einem Sperrvermerk versehen will.
Nun ja, der Ton des Beitragsservice hat sich verändert, nicht aber das Procedere.
#ARD: Vorsitzender stellt sich dem TV-Publikum
Laut dem Branchendienst epd-medien wird sich der ARD Vorsitzende Lutz Marmor gemeinsam mit WDR Intendant Tom Buhrow am 19. Oktober dem Fernsehpublikum stellen. In der Sendung „ARD Check“, die um 21 Uhr ausgestrahlt werden soll, stellen sich beide den Fragen des anwesenden Publikums. Der ARD Check geht auf ein ähnliches Format, dem WDR Check zurück, der seit 2013 zweimal durchgeführt wurde.
Wer als Gast am ARD Check teilnehmen möchte, kann seine Fragen ab sofort unter www.ardcheck.de einschicken und sich dort für die Sendung bewerben. Parallel zur TV-Show können Nutzer auch über Facebook und Twitter live mitdiskutieren.
Unsere Rufe nach mehr Publikumsbeteiligung scheinen nicht ungehört verhallt zu sein. Bleibt zu hoffen, dass der ARD Check keine seltene Alibiveranstaltung bleibt.
#Tagesschau und #HR starten Informationsportale zu Flüchtlingshilfe
Die ARD-tagesschau startet in ihrem online-Auftritt eine interaktive Karte zu Flüchtlingsprojekten. Hinter den Fähnchen stellen sich Flüchtlingsprojekte vor, bei denen jede/r mitmachen kann. Wichtig ist der Aufruf, der tagesschau selbst interessante Projekte zu schicken.
Auch der Hessische Rundfunk bietet ein ähnliches Projekt an. Die Webpage People like me richtet sich aber vor allem an jugendliche RadiohörerInnen von You FM und bietet ein ganzes Servicepaket. Es umfasst Informationen wie und wo man sich engagieren kann und auch Argumente gegen Menschenfeindlichkeit und Hasskommentare.
Wir sagen: vorbildlich!
#Report Mainz: Not der Flüchtlinge wird zum Kampf um Wohnraum
Es gibt sie noch, die Berichterstattung, die jenen Argumentationshilfe leistet, die es immer schon wußten:
Report Mainz (SWR) orakelt, dass die möglicherweise erwarteten 800.000 Flüchtlinge in diesem Jahr zu einem Kampf um Wohnraum führen werden. Als Gewehrsleute für diese Behauptung werden Arme und Obdachlose befragt, die aus provisorischen Baracken ausziehen müssen, weil ein neues Asylbebwerberheim auf diesem Grund gebaut werden soll und – wie man gegen Ende des Beitrags erfährt – in die auch die Obdachlosen einziehen dürfen. Gleich zweimal, zu Anfang und am Ende, wird das Statement eines Mannes wiederholt, der einen persönlichen Hass auf die Flüchtlinge hat, weil er angeblich vertrieben wird. Dabei hat man aus der PR Strategie gelernt, dass alles, was zu Beginn und Ende eines Beitrags geäußert wird, auch am besten behalten wird. Statt Aufklärung zu leisten, spielt Report Mainz Arme und Flüchtlinge gegeneinander aus. Das ist nicht nur schade – hier werden Programmgrundsätze verletzt. Es wäre erhellend gewesen zu erzählen, wie viele positive Erfahrungen Deutschland in der Integration von Flüchtlingen hat. Insgesamt hat Deutschland nach dem Krieg ca. 20 Mio Menschen aufgenommen und eingegliedert. Alleine kurz nach dem 2. Weltkrieg kamen in der BRD 7,8 Millionen Flüchtlinge aus den Ostgebieten an. Das waren 16,5 % der gesamten, weitgehend verarmten Wohnbevölkerung (Quelle: Bade/Oltmer 2004: Normalfall Migration). Alle haben, nach einer Übergangszeit, Wohnraum gefunden, ohne dass es zum vielbeworenen „Kampf um Wohnraum“ kam.
Flüchtlinge oder auch die Stadt Ludwigshafen wurden im Beitrag übrigens nicht befragt.
#Flüchtlinge und #Rundfunkbeitrag
Flüchtlingen, die es aus zerfallenden Staaten und Kriegen bis nach Deutschland geschafft haben, drohen rechtsextremistische Anschläge und eine ungewisse Zukunft in einem der reichsten Länder der Erde. Eines, so die FAZ, sei jedoch sicher: der Rundfunkbeitrag. Der Beitragsservice ist mit Hilfe der Einwohnermeldeämter demnach schon damit beschäftigt, beitragspflichtige Flüchtlinge zu ermitteln und hat diese in einer Dortmunder Sammelunterkunft angeschrieben, obwohl Erstaufnahmelager von der Gebühr befreit sind. Spitzfindig bemerkte eine Sprecherin des Beitragsservice , man könne ja nicht wissen, dass es sich um Sammelunterkünfte handele, wenn die Stadt Dortmund Flüchtlinge als Einwohner meldet.
#Rundfunkbeitrag direkt an Netzmedien vergeben
In der FAZ vom 11. August macht der Vorsitzende der AG DOK, Thomas Frickel, einen guten Vorschlag wie die Überschüsse aus den Rundfunkbeiträgen vernünftig eingesetzt werden könnten. Um einerseits das öffentlich-rechtliche System zukunftsfest zu machen, aber andererseits auch aktuellen Entwicklungen gerecht zu werden, sollten zehn Prozent des Rundfunkbeitrags, ca. 800 Mio. Euro, direkt an kreative Initiativen und Netzmedien fließen. Die „Direktanbieter“ sollten sich klar definierten Qualitätskriterien unterwerfen, deren Einhaltung dann von Aufsichtsgremien kontrolliert wird. Hier nennt Thomas Frickel die Landesmedienanstalten, die für Lizenzvergabe, Aufsicht und Kontrolle der privat-kommerziellen Anbieter zuständig sind.
So innovativ der Vorschlag sonst ist – bei der Frage der Mitbestimmung durch die Beitragszahlenden, die weitgehend außen vor bleibt, ist er nicht konsequent zu Ende gedacht. Auch ist fraglich, wie diese Gremien, die ähnlich statisch besetzt sind und hinter verschlossenen Türen agieren wie die Rundfunk- und Fernsehräte, die Qualität innovativer Netzmedien adädquat beurteilen wollen.
#ZDF & #ARD: Durchsuchungen bei Tochterfirmen
Die Verflechtungen von ARD & ZDFsorgen weiter für Aufregung.
Wie die „Welt“ berichtet, durchsuchte die Kartellbehörde in der letzten Woche die Büros der „Bavaria Studios & Production Services GmbH, die zur Bavaria Film gehört, an der aber auch das ZDF 25,1 Prozent hält.“
„Worum geht es? Im Jahr 2013 verkaufte das Studio Hamburg seine defizitäre Tochterfirma Studio Hamburg Filmtechnik (SHF) an die Cine-Mobil. Die Cine-Mobil ist eine Tochter der vorhin bereits vorgestellten Bavaria Studios & Production Services GmbH, sie vermietet u.a. Filmkameras, Licht- und Bühnentechnik. Der „Welt“ liegt ein Abkommen vor, das zum Verkauf beschlossen wurde. Demnach soll Cine-Mobil auf Anfragen von Studio Hamburg sowohl ein erstes Angebot vorlegen – und zudem die Möglichkeit bekommen, mit dem besten Angebot gleichziehen oder es unterbieten zu können.
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Die in dem der „Welt“ vorliegenden Vertrag festgehaltene Klausel nennt sich im Fachterminus „First Look – Last Offer“. Bezogen auf fiktionale Produktionen der Studio-Hamburg-Gruppe, also etwa Serien und TV-Filme, ist dort festgehalten: Eine Leistung müsse „vor oder zumindest zeitgleich mit der Einholung von Angeboten Dritter bei Cine-Mobil angefragt werden“. Cine-Mobil müsse dann „zeitnah“ ein Angebot vorlegen. Stelle sich beim Vergleich mit eingeholten Alternativangeboten heraus, „dass ein Dritter das beste Angebot abgegeben hat, darf dieser nicht sofort beauftragt werden“.
Dies wirft Fragen auf, denn eine unabhängige Produzenten- und Dienstleisterlandschaft wird dadurch kaum gefördert.