Debatte um Reform von #ARD und #ZDF in vollem Gange
Nachdem das ZDF im letzten Jahr ein Gutachten zu Legitimation und Auftrag des Senders in digitalen Medienumgebungen veröffentlicht hat, legt nun auch die ARD ein Papier vor, dass die zukünftigen senderinternen Bemühungen um Strukurreformen zusammenfasst. Es geht darin um Einsparungen durch Synergieeffekte, aber auch um die Weiterentwicklung des gemeinwohlorientierten Ansatzes der durch Bürger mit finanzierten Sender. Sie grenzen sich dabei von den kommerziellen Sendern ab, die vor allem auf Profitmaximierung zielen. Hier haben ARD und ZDF sicher Nachholbedarf, zu sehr haben sie in der Vergangenheit auf die Quote geschielt, teuere Fussballrechte erworben, obwohl ein Großteil der ZuschauerInnen wenig Interesse daran hat uvm. Dennoch: es ist sehr positiv zu bewerten, dass die Sender die Zeichen der Zeit erkannt haben und auch BürgerInnen künftig stärker einbeziehen wollen.
Erst kürzlich hatten 45 Wissenschaftler 10 Thesen zur innovativen Strukturreform der Öffentlich-Rechtlichen Medien vorgelegt, die zu einer breiten öffentlichen Debatte geführt haben.
Was denken Sie über die Papiere und wo sehen Sie dringenden Reformbedarf? Bitte kommentieren Sie!
(Aber erst lesen, bitte …)
#ZDF: Fernsehrat debattiert „ungüblich lange“ über AfD Berichterstattung
In seiner Sitzung vom Freitag, 29.09.2017, hat sich der ZDF-Fernsehrat mit der öffentlichen Kritik an der Berichterstattung des Senders über die AfD im Wahlkampf befasst. Ihm wird vorgeworfen, er habe zu ausführlich über die Partei berichtet, deren Politiker immer wieder durch rechtsextreme Provokationen auffallen.
Die Debatte im Fernsehrat sei unüblich lang gewesen zitiert der Kölner Stadtanzeiger. Der ZDF-Intendant Bellut wies die Kritik in der anschließenden Pressekonferenz erwartungsgemäß zurück.
In Planet Interview können Sie die Fragen der JournalistInnen zu den Themen AfD Berichterstattung, Finanzierung, Betriebsrente, sowie zu den 10 Thesen der 45 WissenschaftlerInnen sowie die Antworten des Intendanten und der Fernsehratsvorsitzenden Thieme nachlesen.
#ZDF: Fernsehrat will über AfD-Berichterstattung debattieren
Hat das ZDF im Wahlkampf zu oft über die AfD berichtet? Dieser Frage wird am kommenden Freitag der ZDF Fernsehrat nachgehen. Konkrete wissenschaftliche Studien liegen noch nicht vor, doch Politiker zahlreicher Parteien kritisieren, das ZDF habe der rechtspopulistischen Partei zu viel Sendezeit eingeräumt. CDU und CSU gehören zu den Hauptkritikern. Vor allem der Spitzenkandidat der rechstkonservativen CSU, Herrmann, hat sich in der „Berliner Runde“ (ARD) am Sonntag dazu geäußert – was aufgrund des Kampfes beider Parteien um die Gunst der Wähler rechts der Mitte wenig verwunderlich ist.
Die Tagesordnung der Fernsehratsssitzung am 29.9.2017 weist diesen Diskussionspunkt jedoch nicht explizit aus. Der ZDF Fernsehrat tagt öffentlich, nehmen Sie also daran teil! Auch wenn das ZDF die Uhrzeit wie immer nicht im Online-Portal vermerkt – die Fernsehratssitzung beginnt um 8.30 Uhr.
#ZDFFernsehrat: Bund Deutscher Zeitungsverleger (BDVZ) erwägt Klage
Im Streit um den Sitz der Zeitungsverlegerlobby im ZDF Fernsehrat verhärten sich offenbar die Fronten. Seit einem Jahr ist der Sitz unbesetzt, weil der ZDF Fernsehrat den vorgeschlagenen BDVZ-Lobbyisten, den Verleger Valdo Lehari jr. nicht akzeptiert. Lehari leitet den Verwaltungssrat des Privatradios Antenne 1. Der ZDF Staatsvertrag legt aber fest, dass Aufsichtsratsmitglieder privat-kommerzieller Medien nicht gleichzeitig im Fernsehrat des öffentlich-rechtlichen ZDF sitzen dürfen. Anderen BDVZ Vertretern ohne diese Funktion steht jedoch ein Sitz zu.
Die Verlegerlobby wettert immer wieder gegen öffentlich-rechtliche Sender und deren Digitalstrategie (tagesschau-App). Zuletzt hat Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE und Präsident des BDVZ fälschlicherweise behauptet, die Öffentlich-Rechtlichen seien Staatssender. In populistischer Manier verglich er sie mit dem Staatsfernsehen in Nord-Korea. Tatsächlich sind die öffentlich-rechtlichen im eigentlichen Sinne bürgereigen, denn diese finanzieren sie hauptsächlich durch ihre Rundfunkbeiträge. Dass ÖRM kritikwürdig sind, weil sie u.a. versäumt haben, Bürger stärker einzubinden haben wir hier mehrfach diskutiert.
Die Verleger betrachten ARD und ZDF als Konkurrenten, die zudem den Wettbewerb verzerren. Diese Sichtweise ist mindestens zu kurz gedacht. Beide sind Verfechter des Meinungspluralismus. Viele Zeitungen/Zeitschriften sowie ARD/ZDF tragen zur Qualität im Journalismus bei und befruchten sich dabei wechselseitig. Beide sind mehr als die Summe ihrer Teile. Tatsächlich sitzen den Verlegern jedoch Intermediäre wie Google und Facebook im Nacken. Ihre Plattformen ziehen immer mehr Werbekunden vom klassischen Zeitungsmarkt ab. Sie brauchen sie aber auch, um mehr Kunden zu erreichen. Verlagen wie Axel Springer ist der Weg in die digitale Welt bislang gelungen, kleinere Verlage hinken hinterher. Dehalb das Feindbild Öffentlich-Rechtliche – und nicht Intermediäre. Aus taktischen Gründen dürfte es dem BDVZ deshalb so enorm wichtig sein, ihren Kandidaten Lehari jr. im ZDF Fernsehrat zu platzieren. Dort werden schließlich die Debatten um die zukünftige Strategie geführt.
#ZukunftÖR: Die Verantwortung der Bürger und Bürgerinnen
Am gestrigen 10. September erschien der Offene Brief von Wissenschaftler*innen, Medienexpert*innen und Zivilgesellschaft zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien (ARD, ZDF, Deutschlandradio). Der Tagesspiegel berichtete darüber und zahlreiche Leser*innen kommentierten den Beitrag.
Viele davon wollen die von ihnen als „Staatsmedien“ bezeichneten Sender abschaffen, da ihrer Ansicht nach der politische Einfluss zu groß ist.
Die Initiative Publikumsrat, die an den Thesen mitgearbeitet hat, möchte an die Kommentatoren und alle, die ähnlich denken appellieren: Öffentlich-rechtliche Medien sind alles andere als Staatsfunk. Ganz sicher gibt es einiges daran zu kritisieren, wie z.B. eine Berichterstattung, die nicht immer die gebotene kritische Distanz zur politischen Großwetterlage wahrt. Dennoch: sie tragen zum Medienpluralismus bei. Und: jede Gesellschaft bekommt die öffentlich-rechtlichen Medien, die sie verdient.
Will sagen: in der digitalen Gesellschaft liegt es auch in der Verantwortung der Bürger*innen die Öffentlich-Rechtlichen mitzugestalten. Und das bedeutet nicht, einfach nur Kritik und Wut in Kommentaren abzulassen. Das ist der Weg der Denkfaulen. Schließlich haben Bürger*innen heute anders als im Analog-Zeitalter mit den sogenannten sozialen Medien, Blogs, Homepages etc. zahlreiche Möglichkeiten, sich in den Diskurs einzuschalten.
Konstruktive Lösungsvorschläge sind gefragt. Wenn sich Bürger*innen in Vereinen wie unserer Initiative zur Etablierung von Publikumsräten e.V. organisieren, die – jenseits der immer gleichen Staatsfunk-Leier – wirklich Ideen mitbringen – werden die Öffentlich-Rechtlichen sie hören müssen. Es ist vielleicht etwas anstrengender in Publikumsvereinen mitzumachen, als einfach nur zu kritisieren.
These 3 im Offenen Brief fordert genau das:
„Es geht auch um Transparenz von Entscheidungen hinsichtlich der Auftragsfortentwicklung sowie organisatorischer und programmlicher Umsetzung.
- Zur Herstellung von mehr Transparenz und im Hinblick auf die heutige Kultur sollten die Gremien öffentlich tagen, soweit es nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geht.
- Gremien sollten aktiv den Austausch mit dem Publikum suchen, etwa durch
- Tagungen,
- bekannt gemachte Anlaufstellen (Ombudsstellen), die unabhängig zwischen Publikum und Sendeanstalten vermitteln, und/oder
- Publikumsräte.
- Die Berichte der Landesrechnungshöfe sollten öffentlich zugänglich sein.
Die von der ARD-Vorsitzenden Karola Wille gestartete Transparenzoffensive ist zu begrüßen. Transparenz muss dabei so hergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger Entscheidungen verstehen und nachvollziehen können. Transparenz ist Voraussetzung für Mitgestaltungsmöglichkeiten des Publikums.“
Aber ohne ein aktives und konstruktives Publikum, das genau das einfordert, gibt es auch keine Mitgestaltungsmöglichkeiten.
So einfach ist das.
#ARD und #ZDF: Wahlkampf und Wirbelsturm
Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF haben sich auf Wahlkampf und Wirbelsturm (aktuell: „Irma“) eingeschossen. Andere Themen, gar aus dem internationalen Kontext, kommen noch seltener auf den Bildschirm wie sowieso üblich.
Die Themenarmut deutscher Öffentlich-Rechtlicher fällt vor allem auf, wenn man andere europäische Partnersender wie etwa die BBC zum Vergleich heranzieht. Auch wenn das koloniale Erbe sicher ein trifftiger Grund für den britischen Blick über den Tellerrand ist: in Zeiten internationaler Dependenz und Informationsflüsse über andere Kanäle wird das Versäumnis gerade angesichts der digitalen Entwicklung immer deutlicher.
Aktuelle Beispiele:
- Die IS-Hochburg Dar-e-Sor in Syrien steht kurz vor der Befreiung durch Assads Truppen. In „heute“ und „tagesschau“ erfährt der Zuschauer davon nichts.
- Die Vertreibung und der drohende Völkermord an den islamischen Rohingya-Minderheit in Myanmar wird mit dem Schweigen westlich-unterstützten Präsidentin und Friedensnobelpreisträgerin Aung Sang Suu Kyi quittiert.
Dass an Assad bei der Befriedung Syriens wohl niemand mehr vorbei kommt, oder dass Muslime vertrieben werden – das alles passt nicht in das Konzept der politischen Strategie des Westens.
Doch öffentlich-rechtliche Medien sollten Nachrichtenwerte wie (geostrategische und kulturelle) Nähe künftig weitaus kritischer reflektieren als bisher. Will sagen, unabhängiger berichten – bzw. überhaupt über diese Ereignisse berichten, die nur scheinbar wenig mit uns zu tun haben. Die ARD hat zwar eine Story zur Flucht der Rohingya im Radiosender Deutschlandfunk gebracht, doch in den Fernsehnachrichten zur besten Sendezeit ist davon wenig bis nichts zu erfahren.
Die steigende Zahl der Mediennutzer, die zugleich internationale Medien nutzen (Geflüchtete, Einwanderer, Expats) sind die ersten die aufgrund dieser Defizite die Öffentlich-Rechtlichen kaum mehr ernst nehmen. Es werden wohl nicht die letzten sein.
#Deutschlandradio: Neuer Intendant wünscht sich „nationale Denkfabrik“
Der neue Intendant des Deutschlandradio, Stefan Raue, will die öffentlich-rechtlichen Radiosender Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und Deutschlandfunk Nova zu einer „nationalen Denkfabrik“ umbauen.
So. Nun erst einmal durchatmen. Nationale Denkfabrik klingt, mit Verlaub, ein wenig beängstigend. Es klingt ein wenig nach Gleichschaltung, nach eindimensionalen Perspektiven, in welchen gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt wenig Platz haben. Es klingt auch nach einem Rückzugsraum der Elite, nicht nach Offenheit, Neugier, auch auf abseitige Themen, und guten Journalismus, der sich am Meinungspluralismus orientiert.
Vielleicht differenziert der neue Intendant bei Gelegenheit, was er unter diesem Begriff eigentlich versteht.
#ZukunftÖR: Offener Brief unter Mitwirkung des Publikumsrats e.V.
Am Sonntag wird in einer konzertierten Aktion ein Offener Brief zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien veröffentlicht. An dem Papier arbeiteten mehrere Stakeholder mit, darunter auch Medienvertreter. Zunächst werden die Thesen auf der Kapagnensite http://zukunft-öffentlich-rechtliche.de/ veröffentlicht.
Als Pressepartner wird der Tagesspiegel am Sonntag, 10.09.2017 einen Vierspalter auf seiner Medienseite bringen. Wenn der Artikel lebhaft kommentiert wird, möchte die Zeitung ihn zum Thema auf der Debattenplattform https://causa.tagesspiegel.de/ machen.
Wir freuen uns, wenn Sie ab Sonntag auf Twitter nach #ZukunftÖR schauen und sich ggf. in die Diskussion mischen.
#FakeNews: Wie erkennt man sie?
Die Stiftung Neue Verantwortung hat passend zum Wahlkampf eine Broschüre erarbeitet, wie man Fake News erkennt.
An einem Beispiel erläutert der Think Tank, der hauptsächlich aus Unternehmensspenden und Geldgebern wie der Bertelsmann Stiftung finanziert wird, die Reise einer Nachricht durch die Online Welt. Das Papier erklärt dabei, auf was zu achten ist, um Fake News von anderen Medieninhalten und „echten“ Nachrichten zu unterscheiden.
#NRWMedienminister: Institutionalisierter Interessenkonflikt
Der zukünftige NRW-Medienminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) war Präsident des Verbandes der Zeitschriftenverleger und hatte Ämter in Führungsgremien der FUNKE-Mediengruppe inne – die er erst zu seiner Vereidigung als Minister am 30 Juni niederlegte. Zu recht vermutet die taz einen heftigen Interessenkonflikt, wenn ein Ex-Verbandschef der kommerziellen Medien nun als Minister politische Entscheidungen zur Medienlandschaft in Nordrhein-Westfalen fällen kann. Die FUNKE-Mediengruppe ist das führende Medienunternehmen in NRW. Zu ihr gehört beispielsweise die Westdeutsche Allgemeine (WAZ).
Und schon bekommen Forderungen nach einem werbefreien WDR einen üblen Beigeschmack. Denn natürlich haben die kommerziellen Lokalradios, die mehrheitlich zu FUNKE gehören, starkes Interesse daran, der einzige Player im Werbemarkt zu sein. Auch viele Hörer_innen und Zuschauer_innen wünschen sich werbefreie öffentlich-rechtliche Programme. Sie verfolgen damit jedoch das Gegenteil von kommerziellen Interessen. Das Thema und der Ministerkandidat werfen Fragen auf, welche Lobbykampagnen auf das Publikum zurollen. Bürger_innen sollten genau hinschauen, wer ihnen einen werbefreien WDR schmackhaft machen will und welche Interessen dahinterstehen.
Holthoff-Pförtner, der Ex-Verbandschef, hat nun bald maßgeblichen Einfluss auf das Landesmediengesetz, in dem die Werbemöglichkeiten in Lokalradios geregelt sind sowie dem WDR-Gesetz, das die Werbedauer des WDR-Radio und Fernsehens festsetzt. Falls eine Kommission, die Interessenkonflikte von Politikern überprüfen soll, nicht doch noch ihr Veto gegen den Minister einlegt.