#ARDCheck: Inszenierte Transparenz
Der ARD Check (Das Erste, 19.10.2015, 21 Uhr) war die erste öffenliche Sendung, in der das Publikum zwei Intendanten der ARD Fragen stellen durfte und Antworten bekam. Doch ist das schon die vielbeschworene Transparenz, der sich die Sender neuerdings verschrieben haben? Das ausgewählte Studiopublikum der Live-Sendung, ca. 150 Hörer und Zuschauer, hatte noch die Möglichkeit einigermaßen überraschende Fragen zu stellen. Durch den Auswahlfilter der Online-Fragen schafften es nur drei in die Sendung. Andere (ausgewählte und wenig kontroverse) Fragen wurden online beantwortet. Tom Buhrow (WDR) und Lutz Marmor (NDR) waren naturgemäß gut vorbereitet. Für alles gab es eine Erklärung, sei es für die Auswahl der im Fernsehprogramm übertragenen Sportarten, dem verschwundenen Wunschkonzert wie auch nach (fehlenden) Quality-Serien a la Breaking Bad im öffentlich-rechtlichen TV oder der von einigen Zuschauern artikulierten tendenziösen Berichterstattung zu internationalen Konflikten.
Die Fragen drehten sich zu Anfang fast nur um’s Programm. Im Tenor der Antworten spielte das (fehlende) Geld der ARD eine große Rolle – angesichts der anstehenden Verhandlungen mit der KEF, die den Finanzbedarf der Sender ermittelt, kaum verwunderlich, wie der Tagesspiegel analysiert. Damit die Diskussion nicht in Richtung „Verschwendung“ in den Öffentlich-Rechtlichen abrutschte (Stichwort: Millionenbeträge für Thomas Gottschalk) wurde dieser Aspekt durch Einspieler begleitet, in dem die ARD wiederum die Möglichkeit nutzte, zu erklären wohin das viele Geld aus Rundfunkbeiträgen geht. Zu recht fragte die Schauspielerin Sabine Postel, warum die an Spielfilmproduktionen wie dem Tatort beteiligten Kreativen und Schauspieler unterbezahlt sind. In diesem Kontext wirkt die Schauspielerin jedoch eher wie ein Testimonial für die Forderung nach besserer finanzieller Ausstattung der Sender.
Das Duell mit dem Medienkritiker Hans Hoff wird ansatzweise interessant, als Hoff mahnt, dass Lutz Marmor keine wirkliche Vision für die Zukunft der ARD entwickelt habe. Aber nach etwas mehr als einer Minute ist das auch schon vorbei.
Das zweite große Thema ist die Glaubwürdigkeit der ARD. Im Einspieler wird ernsthafte und belegbare Kritik (Ukraine-Berichterstattung) mit rechstnationalen „Lügenpresse“-Vorwürfe in einen Topf geworfen. Das ist mindestens schlechter Stil, der einer differenzierten und selbstkritischen Auseinandersetzung im Wege steht. Dann kommt Anne Will, um zu erklären wie toll sie ist, weil sie die „Kanzlerin der Herzen“ alleine interviewt hat.
Die Zuschauerfragen, die dann kommen sind nun wirklich spannend und weisen auf das, was fehlt – eine Ethik oder wenn man so will einen Zukunftsentwurf für die Öffentlich-Rechtlichen. Eine Zuschauerin beklagt die Verflachung politischer Berichterstattung, Hintergründe würden oft fehlen. Buhrow widerspricht, natürlich. Jemand fragt, warum nicht „normale“ Zuschauer in Sendungen eingeladen würden. Buhrow verweist an die Redaktionen. Eine Frau Dr. Schünemann beklagt, das über kriegerische Handlungen von Westmächten oft zu wohlwollend berichtet wird. Wird mehr oder weniger elegant als subjektive Wahrnehmung abgebügelt. Eine weitere wichtige Frage ist die, warum ARD und ZDF mit den nach deutschem Recht illegal arbeitenden Netzwerken wie Google und Facebook zusammenarbeiten. „Wir kommen an Facebook nicht vorbei“ ist die Antwort von Marmor.
Insgesamt bleibt der ARD Check eine Inszenierung von Transparenz, was wohl auch am Format liegt. In einer eineinhalb stündigen TV-Sendung können die drängenden Fragen nur angerissen werden. Der Sender nutzte zudem seine Möglichkeiten, die ARD möglichst gut dastehen zu lassen. Wichtiger wäre deshalb ein wirklich gemeinsamer und nachhaltiger Dialog mit einem Publikumsgremium, und zwar auf Augenhöhe und zielorientiert.