#ARDRundfunkrat: Drei-Stufen-Tests und das implizierte Publikum

Wie die Branchenzeitschrift Medienkorrespondenz berichtet, führen die Rundfunkräte von BR, MDR und Radio Bremen derzeit zusammen fünf Dreistufentestverfahren durch. Diese Testverfahren wurden den öffentlich-rechtlichen Medien nach erfolgreichem Lobbying des Verbands privater Rundfunkanbieter (VPRT) in Brüssel auferlegt.  Sie sollen damit belegen, welchen zusätzlichen Mehrwert die Telemediendienste (Online-Angebote) haben und wie diese den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen.

Gemäß Rundfunkstaatsvertrag wird  nach § 11 f Abs. 4 vom jeweiligen Rundfunkrat geprüft, ob das Angebot,

1. Stufe: den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht,

2. Stufe: in welchem Umfang es in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt und

3. Stufe: welcher finanzielle Aufwand hierfür erforderlich ist.

In dem o.g. Beitrag der Medienkorrespondenz geht es u.a. um die Verweildauer von Sendungen in den Mediatheken des Bayerischen Rundfunks (BR). Vor allem Serien sollen künftig länger als sieben Tage in der BR-Mediathek abrufbar sein. Diese Verlängerung wird mit Hinweis auf Konkurrenzprodukte von Streaming-Diensten (z.B. Netflix) gerechtfertigt.

Die Fokussierung auf Serien halten wir für merkwürdig. Zuschauer_innen beteiligen sich mit ihren Rundfunkbeiträgen nicht nur an Serien, sondern an allen BR sowie allen ARD und ZDF-Angeboten. Es wäre also zu erwarten, dass sich die Verlängerung der Verweildauer auf das gesamte Programm auswirkt. Ja, es wäre wünschenswert, dass alles unendlich lange abrufbar ist. Zumal die bewußte Löschung von Sendungen aus den Mediatheken Ressourcen in den Sendern binden. Doch auch der Drei-Stufen-Test benasprucht die Sender, denn die Rundfunkräte nehmen die Bewertung nicht selbst vor, sondern bekommen sie von den Redaktionen zugeliefert, die dafür einige Mitarbeiter abstellen müssen.

Dass in der BR-Mediathek vor allem die Verweildauer von Unterhaltungssendungen verlängert werden soll, und gerade nicht Sendungen mit starkem gesellschafts-politischen Bezug wie Polit-Magazine macht deutlich, welches Bild vom Publikum in den Köpfen des BR-Rundfunkrats vorherrschend ist: es überwiegt das Bild des „Konsumenten“ und „Nutzers“ und weniger des Bürgers. Da hilft es auch wenig, dass Serien mit gesellschaftsbezug wie „Weissensee“ oder „Lindenstraße“ länger online abrufbar sein sollen als „Sturm der Liebe“. Die „demokratischen Bedürfnisse“ der Zuschauer, verstanden als Bürger, werden zu wenig beachtet.

Das gesamte Verfahren der Drei-Stufen-Tests steht exemplarisch für die Intransparenz der Arbeit von Rundfunkräten, denn Zuschauer und Zuschauerinnen erfahren – außer dem o.g. Beitrag – so gut wie nichts über Argumentation und Begründungen  des „public value“ in den Drei-Stufen-Tests, welche nicht veröffentlicht werden.

 

 

 

 

04. März 2016 von Christine Horz
Kategorien: Allgemein | 1 Kommentar

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