#koelnhbf: Studie zur Berichterstattung von ARD und ZDF
Die Kommunikationswissenschaftlerin Ricarda Drüeke hat für das Gunda-Werner-Institut für Feminismus sowie die Heinrich-Böll-Stiftung die erste wissenschaftliche Studie zur Berichterstattung von ARD und ZDF über die Kölner Silvesternacht vorgelegt. Drüeke macht darin drei problematische Themenfelder der Berichterstattung aus. Erstens, die Konstruktion einer Tätergruppe, wodurch Sexismus und sexualisierte Gewalt mit einer Herkunftskultur verknüpft werden. Zweitens, die vielen Leerstellen – also unbeantworteten und fragliche Details der Vorkommnisse. Darunter z.B. dass Sexismus als weitverbreitetes, strukturelles Phänomen nicht thematisiert wird und das Fehlen kritischer Stimmen in den Berichten von ARD und ZDF. Drittens, der Einsatz der visuellen Mittel in den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF, der sich fast ausnahmslos auf wenige Handyvideos stützte, auf welchen lediglich große Menschenansammlungen zu erkennen waren. Personen, die sich zu den Vorfällen äußerten waren meist Repräsentanten von Polizei und Politik, Opfer kamen so gut wie nicht zu Wort, so dass Polizisten und Politiker die Deutungsmacht in den Nachrichtensendungen hatten.
Die quantiative und qualitative Studie zeigt viele offene Fragen auf. So dient als angeblicher Beweis der Taten ein handgeschriebener Zettel.
Als mögliche Lösungen werden die Taten bei ARD und ZDF nicht etwa in den größeren Zusammenhang von Sexismus und sexualisierter Gewalt in Deutschland gebracht und wie dem zu begegnen ist. Vielmehr legen die Nachrichtenformate der beiden Fernsehsender in Anlehung an rechts-konservative Politiker die Verknüpfung von sexualisierten Übergriffen und Bleiberecht nahe. Als einizige politische Lösung wird die schnelle Abschiebung diskutiert – weil, so suggerieren es tagesschau und heute, sexualisierte Gewalt eben nur vom „anderen“ Mann ausgeübt werden kann. Sie sitzen damit einem rassistischen Zirkelschluss auf, den sie selbst mit konstruiert haben.
Am Ende verweist Drüeke auf die Verantwortung des Journalismus. Dazu gehören ethische Maßgaben sowie die Sorgfaltspflicht – aber nicht die Homogenisierung, Abwertung und Kulturalisierung von Menschen. Sie fordert, dass ARD und ZDF auch die kritische Netzöffentlichkeit, NGOs und Wissenschaftler zu Wort kommen lassen, damit die Bandbreite der Berichterstattung größer wird. Dadurch erhielte das Publikum die Möglichkeit, sich durch zusätzliche, kritische Stimmen zu informieren, so dass künftig einseitige und rassistische Berichterstattungsmuster vermieden werden können.