#Medienvertrauen auf Langzeithoch?
Laut einer aktuellen Studie ist das Vertrauen in die Medien so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Kim Otto, Professor für Wirtschaftsjournalismus an der Universität Würzburg und sein Mitarbeiter Andreas Köhler, werteten Sekundärdaten des Eurobarometers aus, so Telepolis. Die Studie selbst ist online noch nicht verfügbar. Demnach hat auch das Medienvertrauen an den politischen Rändern zugenommen. Allerdings wird nicht ganz klar, auf was sich die Daten genau beziehen. Telepolis zitiert eine Pressemeldung und eine BR Meldung, wonach 55,7 % der Deutschen der „Presse“ vertrauen würden „- gemeint sind Radio, TV und Printmedien – , nur 38,8 Prozent misstrauen ihr“. Dass Presse nun synonym mit Medien gesetzt wird verwundert. Die Daten zu den Einzelmedien helfen nur bedingt weiter: demnach steht das Radio an erster Stelle mit 67,8% Vertrauen, das Fernsehen nimmt Platz zwei ein mit 60,5% Vertrauen, wobei beide um 6 bzw. 7 Prozentpunkte seit der Vorjahresmessung zugelegt hätten.
Nun wissen wir aber noch nicht, ob sich hinter den Einzelmedien öffentlich-rechtliche oder kommerzielle Sender verbergen. Macht es einen Unterschied? Ganz sicher, sagt eine Metastudie des ARD-Forschungsdienstes, die aktuelle wissenschaftliche Befunde zitiert: öffentlich-rechtlichen Medien, vor allem den Nachrichten, wird stärker vertraut als dem kommerziellen Rundfunk und vor allem den sogenannten sozialen Medien. Einige der zitierten Studien stellten einen Querschnitt der Bevölkerung zusammen oder befragten Meinungsführer, die insgesamt stärker den öffentlich-rechtlichen Medien zuneigen. In einer repräsentativen Studie von über 1600 Personen zwischen 18 und 74 wurden die öffentlich-rechtlichen Nachrichten insgesamt als ausgewogener als andere Medien bezeichnet. Das Vertrauen in ö-r- Fernsehen und Radio war am höchsten, auch bezogen auf deren Online-Content. Die Nutzer können also sehr wohl zwischen sachlich-journalistischer Berichterstattung im Netz und sogenannten Sozialen Medieninhalten unterscheiden, die nicht den Regeln und Routinen journalistischer Berichterstattung (z.B. Faktenckeck) gehorchen müssen.
Überraschend an Ottos Befund wäre, dass auch die politischen Ränder offenbar ein höheres Medienvertrauen im vergangenen Jahr entwickelt haben. Dies widerspricht bisherigen Studien, da die politischen Ränder tendenziell stärker Protest mobilisieren wollen und deshalb sachliche Nachrichten als „feindlich“ einstufen. Konkret geht es um das politisch rechte Spektrum. Hier bleibt die Pressemitteilung der Uni Würzburg allerdings vage, wie auch Thomas Pany in Telepolits kritisiert. Falls es stimmt, dass die öffentlich-rechtlichen Medien bei rechten Wählern Vertrauen zurückgewinnen konnten, stellen sich in der Tat Fragen an den Studienleiter Kim Otto – haben sie dann deren Themen stärker bedient? Denkbar wäre es, wenn man sich die Talkshowtitel ansieht.
Kommunikationswissenschaftler weisen seit längerem darauf hin, dass im Langzeitvergleich das Medienvertrauen relativ konstant bleibt und Deutschland zu den Ländern mit dem höchsten Medienvertrauen gehört. Womöglich hat die Fake-News Debatte einen Einfluss ausgeübt und jüngere Mediennutzer dazu bewogen, wieder stärker den traditionellen Medien zu vertrauen. Allerdings sollten sich die traditionellen Medien, allen voran die öffentlich-rechtlichen, nicht auf diesem Bonus ausruhen. Auf die Krise folgt die Konjunktur – es ist nicht gesagt, dass es immer so sein wird. Deshalb müssen öffentlich-rechtliche Medien weiterhin an der Verbesserung der inhaltlichen Qualität arbeiten und vor allem kritischer und unabhängiger gegenüber der Politik und antidemokratischen Strömungen werden. Ihr verfassungsmäßiger Auftrag verschafft ihnen diese Freiheit, die sie noch stärker nutzen sollten. Auch sollten sie verstärkt ihre alltägliche Arbeit transparent machen, so dass Menschen besser einschätzen können, wie Journalismus funktioniert.