IALANA-Konferenz der kritischen Juristen: Was kann das Publikum tun? Teil II

Am 26.-28. Januar 2018 traf sich die deutsche Sektion der Vereinigung der Juristen gegen Atomwaffen (IALANA) in Kassel zur Jahreskonferenz. Dabei ging es um „Krieg und Frieden in den Medien“ – ein hochaktuelles Thema.

Zwei Vorträge möchten wir hier im Wortlaut veröffentlichen, weil sie auf eindringliche Weise darlegen, dass die Beschwerdestrukturen der öffentlich-rechtlichen Medien sowie die Gremien unbedingt reformiert werden müssen. Dank an die Autoren!

Die Beiträge können durchaus kontrovers diskutiert werden –  freuen uns auf Ihre Kommentare!

 

Wie kann gegen Programmverstöße im öffentlich-rechtlichen Programm vorgegangen werden?

(Friedhelm Klinkhammer)

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
nach Volker Bräutigams Vortrag nun von mir ein paar Anmerkungen zur Frage, wie gegen Programmverstöße im öffentlich-rechtlichen Programm vorgegangen werden kann und wie unsere Erfahrungen damit in den letzten vier Jahren aussahen. Um es vorweg zu nehmen: Es gibt für den einzelnen Bürger keinerlei rechtliche Handhabe, die öffentlich-rechtlichen Anstalten zur Einhaltung der gesetzlich festgelegten Programmgrundsätze zu verpflichten. Also auch nicht mit einer Klage. Hierfür fehlen die gesetzlichen Grundlagen. Der vormalige Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Peter Vonnahme stellte im Zusammenhang mit den Rundfunkbeitragsklagen – ein weiterer Komplex der Unzufriedenheit der Bürger mit dem Rundfunk – die Rechtslage knapp und treffend dar: „Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht kann (…) prinzipiell nur dann erfolgreich sein, wenn der Kläger geltend machen kann, dass er in seinen eigenen subjektiven Rechten verletzt ist (…) die der Gesetzgeber ausdrücklich ihm, dem Beitragszahler, einräumen muss. Das sieht die geltende Rechtsordnung aber nicht vor. (…) Der Einzelne hat rechtsdogmatisch nur ein Interesse, aber kein einklagbares Recht auf fehlerfreie Berichterstattung.“ Dass das Presserecht – Gegendarstellung, Widerruf und Unterlassungsverpflichtung – ebenfalls nicht anwendbar ist, ergibt sich entsprechend: Der einzelne Zuschauer dürfte kaum namentlicher Adressat einer Ungesetzlichkeit seitens der Tagesschau sein. Es sei denn, die Berichterstattung der Tagesschau könnte juristisch als Beleidigung der Beitragszahler qualifiziert werden, was ja leider nicht möglich ist.

Die einzige Institution, die wirksam über die Rechtskonformität von Programmen befinden kann, ist der Rundfunkrat der jeweiligen Sendeanstalt. Dieses wichtige Gremium hat umfassende Kompetenzen: Es darf nicht nur über Programmverstöße befinden, sondern noch vieles andere mehr: zum Beispiel Intendanten wählen und abberufen oder über die Finanzen einer Anstalt mitentscheiden. So ein Rundfunkrat wie der im NDR setzt sich zusammen aus Repräsentanten sogenannter „gesellschaftlich relevanter Gruppen“: Es sind unter anderem die Vertreter politischer Parteien, der Freien Berufe, der Kirchen, der Heimatverbände, der Landfrauenvereine, der Umweltschützer, des Stasi-Schutzverbandes sowie Funktionäre aus den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden. Unter dieser Tarnung stecken oft aktive oder in den Ruhestand gewechselte Parteipolitiker. Umrahmt wird das Ganze von vier – nicht stimmberechtigten – Beamten aus den Staatskanzleien der Staatsvertragsländer Niedersachsen, Mecklemburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein, die als Aufpasser der Ministerpräsidenten jederzeit vom Gremium angehört werden müssen. Die Besonderheit: Keiner der Räte ist unmittelbar gewählt, alle nur entsendet, also fern der sonst üblichen demokratischen Legitimation. Zugespitzt ausgedrückt: Eine kleine Schar willkürlich ausgeguckter Interessenvertreter bestimmt über die Geschicke des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die normalen Rundfunkbeitragszahler – also die Finanziers des Rundfunks – sind dabei völlig ausgesperrt. Sie dürfen lediglich Zuschauerbriefe, Bittschriften oder Beschwerden an den Intendanten oder an den Rundfunkrat richten. Mehr ist für sie nicht drin.

Das Eingaberecht in Paragraph 13 des NDR-Staatsvertrages ist dem Petitionsrecht in Artikel 17 des Grundgesetzes nachgebildet. Dort heißt es: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft (…) mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen (…) zu wenden.“ Nimmt der Beitragszahler diese Möglichkeit in Anspruch, hat er zwar das Recht auf eine sachliche Prüfung mit Antwort. Anspruch auf eine Begründung der Entscheidung hat er hingegen nicht. Sie wird ihm auch bei Aufforderung nicht erteilt. Das erinnert an Wilhelminische Zeiten, an Obrigkeitsstaat und Untertanengeist. Der frühere Bundespräsident Roman Herzog meinte etwas spöttisch, das Eingaberecht habe lediglich die Funktion des „Herz-ausschütten-Könnens“. Im Kern ist die Behandlung einer Petition ein Gnadenakt und im Ergebnis meist gnadenlos. Der NDR-Rundfunkrat hat bisher keiner einzigen von hunderten unserer Programmbeschwerden über ARD-aktuell stattgegeben. Allein dieses Ergebnis widerspricht jedem statistischen Wahrscheinlichkeitsprinzip und aller Lebenserfahrung. Der hier zum Ausdruck kommende Unfehlbarkeitsanspruch hängt mit dem Selbstverständnis des Rundfunkrates, seiner fehlenden fachlichen Programmkompetenz, dem Umgang mit Beschwerden gemäß seiner selbstgegebenen Geschäftsordnung und seinem einzigartigen Privileg zusammen, dass Rundfunkratsbeschlüsse in Programmfragen keiner rechtlichen Überprüfung zugänglich sind. Die 58 Ratsmitglieder müssten sich eigentlich formell mit jeder einzelnen Programmbeschwerde befassen. So etwas ist erfahrungsgemäß mit Arbeit und Fachwissen verbunden, die bei bunt zusammengewürfelten und ehrenamtlichen Multifunktionären kaum zu erwarten und auch nur selten zu beobachten sind. Deshalb auch im Rundfunkrat die gängigen Arbeitsvermeidungsstrategien, die wir aus vielen Gremien in anderen Bereichen kennen.

Und so sehen sie im Rundfunkrat konkret aus: Der Vorsitzende darf selbst befinden, ob eine Programmbeschwerde überhaupt eine Beschwerde ist. Meint er das, dann übermittelt er sie dem Intendanten. Der soll eine Stellungnahme abgeben und sie dem Beschwerdeführer innerhalb eines Monats zusenden. Der Intendant prüft nicht selbst, was es mit der Beschwerde auf sich hat. Er gibt sie direkt an den Problemverursacher weiter, in unseren Fällen an den ARD-aktuell-Chefredakteur. Selbstredend weist der jede Kritik an seinem Produkt zurück, in ureigenem Interesse, nach dem Motto: „Ich habe Recht, die Beschwerdeführer haben kein Recht“. Oder böse ausgedrückt: Es wird der Bock zum Gärtner gemacht. Die Stellungnahme des Chefredakteurs reichert der Intendant dann mit einem Begleitschreiben an, in dem er sinngemäß zum Ausdruck bringt: „Ich sehe das auch so“ und schickt alles zusammen als formelle Antwort an den Beschwerdeführer. Dem so Bedienten wird großmütig das Recht zugestanden, einen zweiten Anlauf zu machen. Er darf, falls ihm der Appetit nicht vergangen ist, dem Rundfunkrat mitteilen: „Die NDRStellungnahme gefällt mir nicht, bitte befassen Sie sich selbst mit meiner Beschwerde.“ Erst dann muss der Rundfunkrat wohl oder übel doch noch ran. Genauer gesagt: Er musste. Als im vorigen Jahr die Programmbeschwerden immer zahlreicher wurden, passierte das, was immer passiert, wenn der Bürger von seinem Recht gar zu nachdrücklich Gebrauch macht: Die Herrschaften änderten das Verfahren zu ihren Gunsten ganz im Sinne ihres Verständnisses von demokratischer Teilhabe ab.

Konkret sah das so aus: Die bedeutsamste Beschwerdeart, nämlich die wegen Nachrichtenunterdrückung, wird einfach nicht mehr als „Beschwerde“ gewertet, sondern nur noch als „Anregung für das Programm“. Er, der Rundfunkrat, so bekamen wir es von ihm als Begründung vorgehalten, sei nicht befugt, den Redaktionen vorzugeben, was sie zu senden hätten. Das sei ein unzulässiger Eingriff in die redaktionelle Gestaltungsfreiheit. Unseren Widerspruch, es ginge doch lediglich darum, im Nachhinein eine Nachrichtenunterschlagung festzustellen und keineswegs um einen Eingriff ins Programm, ließ das Gremium nicht gelten, und das, obwohl in Paragraph 18 des NDR-Staatsvertrages ausdrücklich bestimmt ist, dass der Rundfunkrat „feststellen (kann), dass einzelne Sendungen gegen Anforderungen (wie das Gebot der umfassenden Information) verstoßen, und den Intendanten oder die Intendantin anweisen dürfen, einen festgestellten Verstoß nicht fortzusetzen oder künftig zu unterlassen“.
Der Rundfunkratsvorsitzende blieb bei seinem Taschenspielertrick und teilte uns lapidar mit, er habe unsere Beschwerde als „Programmanregung“ an die zuständige Redaktion weitergegeben; eine Befassung im Rundfunkrat sei damit gegenstandslos. Diese Verfahrensweise sei mit der Staatskanzlei des Ministerpräsidenten Weil aus Niedersachsen so abgestimmt. Falls Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, nun sprachlos sind: Wir waren es auch. Es war klar, was mit einer zur „Anregung“ umgetauften Beschwerde in der betreffenden Redaktion passiert: Sie kriegt zwei Löcher in den Rand und wird auf Nimmer-Wiedersehen abgeheftet. Der Petent bekommt ein ebenso freundliches wie abschlägiges Schreiben vom sogenannten „Publikumsservice“ der Tagesschau und fertig ist die Laube. Selbstverständlich verstößt diese Restriktion gegen den Wortlaut der Geschäftsordnung des Rundfunkrats (GO). Deshalb erhoben wir Klage beim Verwaltungsgericht in Hamburg. Das Gericht belehrte uns jedoch, dass wir aus der Geschäftsordnung des Rundfunkrats keine Ansprüche ableiten könnten. Die gelte nur für innere Angelegenheiten des Gremiums und begründe kein Recht für Außenstehende. Im Klartext: Der Rundfunkrat kann in seine GO hineinschreiben, was er will und hernach auch herauslesen, wie es ihm passt. Für den Rundfunkkunden hat das keinerlei rechtliche Bedeutung. Das, so versuchte das Gericht zu trösten, sei eine deutsche Spezialität, in anderen europäischen Ländern sehe es anders aus. Mängelbeschwerden behandelt der Rundfunkrat demnach nur noch, wenn sie tatsächlich gesendete Nachrichten betreffen, Beschwerden über unterdrückte Informationen, die klassische Methode der Manipulation, bleiben außen vor. Und das alles nach bewährter Art. Man nimmt sich zehn und mehr Monate Zeit. Dann erfolgt der ausnahmslos abschlägige Bescheid. Zu diesem Zeitpunkt ist der Anlass der Beschwerde wegen Zeitablaufs in aller Regel fast vergessen.

Wie ist es möglich, fragt man sich, dass 58 erwachsene und sicherlich normal intelligente Menschen papageienhaft und meistens einstimmig nachplappern, was ihnen das Management des Senders vorgibt? Ich habe jahrelang Erfahrungen im Rundfunkrat gesammelt, zeitweilig als nicht stimmberechtigter Gesamtpersonalrats-Vorsitzender, zeitweise als Referent einer NDR-Direktorin. Meine allgemeine Erkenntnis: Ein Rundfunkrat merkt schon in seiner ersten Sitzung, wo die Sonne scheint, zumal wenn ihm sofort eingetrichtert wird, dass er als Organ des NDR zu Loyalität verpflichtet ist. Und man will keinen Ärger haben, möchte sich nicht blamieren und die Privilegien des Amtes unbelastet genießen, zum Beispiel mit TVProminenten wie Anne Will entspannt plaudern oder NDR-Konzerten in der Hamburger Elb-Philharmonie lauschen. Den Programm-Machern ist man ohnehin mangels eigener Fachkompetenz in Programmfragen argumentativ unterlegen. Schon aus Eitelkeit will man sich den Mangel nicht auch noch beweisen lassen. Ein ehemaliger Justitiar des NDR prägte im Zusammenhang mit Rundfunkräten treffend die Beschreibung „Laienspielgruppe“. Deren Bild prägen freundlich-harmlose Jasager oder blasierte Wichtigtuer in einer Corona von Schweigern, die nie etwas zu sagen wissen, weil sie wegen ihrer vielen anderweitigen Funktionen kaum Zeit zur Vorbereitung auf die Rundfunkratssitzungen finden. Einige clevere und einflussreiche Strippenzieher formen die Willensbildung in den vermutlich informell noch bestehenden parteinahen Freundeskreisen vor, nach christdemokratischer beziehungsweise sozialdemokratischer Orientierung. Dort werden die wichtigen Entscheidungen nach dem Kungelprinzip „Freundeskreise“ im Voraus festgezurrt oder Kompromisse ausgehandelt: bei einer Intendantenwahl, bei der Wahl der Funkhausdirektoren, über den Haushalt oder über Programmstrukturen.

Die Verflechtung des Rundfunkrates mit der Politik wird zwar immer geleugnet, aber sie existiert selbstverständlich und erzeugt Abhängigkeiten und Anspruchshaltungen. Wie so etwas aussieht, habe ich häufig erlebt: Eines der Beispiele: Ein wichtiges SPD-Rundfunkratsmitglied – ich war damals selbst noch Parteigenosse – teilte mir freudig und hinter vorgehaltener Hand mit, er habe sich beim damaligen Ministerpräsidenten Schröder grünes Licht für den Beschluss über einen umstrittenen Personalvorschlag des Intendanten eingeholt. Es ging um einen Direktorenposten, also um die parteipolitische Beeinflussung der zweithöchsten Personalebene in einer Rundfunkanstalt. Und dieser parteipolitische Zugriff war kein SPD-Einzelfall, praktiziert wird dergleichen auch von den CDU-Polit-Kadern. Herausragendes Beispiel: Der Fall Brender beim ZDF. Um sich den Rücken vor unliebsamen Einflüssen freizuhalten, muss die Geschäftsleitung zwangsläufig darauf aus sein, die Rundfunkräte bei Laune zu halten, mit dem Nebeneffekt einer geschickten PR. Das kann dann so aussehen: Der NDR organisiert mit Image heischendem Gedöns eine Spendensammlung für wohltätige Zwecke, die dann im Programm unter der Losung beworben wird: Wir sind alle edel, hilfreich und gut. Wir wollen nur das Beste für die Abgehängten der Nation. In einem Fall, der erst ein paar Monate zurückliegt, kam das Einsammeln mildtätiger Spenden dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zugute und spülte 2 Millionen Euro in dessen Kassen. Den Vertreter des Wohlfahrtsverbandes im Rundfunkrat freute das natürlich sehr. Inwieweit die Spendeneinnahme seine Amtsausübung im Rundfunkrat beeinflussen könnte, steht auf einem anderen Blatt.
Aktionen mit ähnlichem Strickmuster zugunsten gesellschaftlich relevanter Gruppen im Rundfunkrat sind üblich und waren auch in der Vergangenheit keine Seltenheit. Ein ähnliches, etwas plumperes Schmankerl ist kürzlich auch beim WDR bekannt geworden: Einen Tag, bevor die Landesregierung eine Änderung des WDR-Gesetzes in erster Lesung in den Landtag eingebracht hatte – es geht um Mehreinnahmen des WDR von 60 Millionen Euro – waren die Abgeordneten des Landtags von Intendant Buhrow zu einem „parlamentarischen Abend“ eingeladen und bewirtet worden. CDU Landtagspräsident Andre Kuper dankte dem WDR für die Einladung. In seinem Grußwort hob der Präsident die Bedeutung der politischen Berichterstattung für eine „lebendige Demokratie“ hervor. Er setzte damit die Tradition seiner sozialdemokratischen Amtsvorgängerin fort, die 2015 – vor der Beratung genau jenes WDR-Gesetzes, das nun zu Gunsten des Senders wieder geändert werden soll – erstmals zu einem „parlamentarischen Abend“ des WDR eingeladen hatte. Sie ließ damals den Lobbyismus-Vorwurf zurückweisen. Die gebotene Staatsferne könne durch einen parlamentarischen Abend, so hieß es, nicht gefährdet werden.

Aber auch im umgekehrten Verhältnis gibt es plakative Beispiele vom innigen, inzestähnlichen Verhältnis zwischen Kontrolleuren und Kontrollierten: Der vorige NDR-Intendant (SPD) wollte sich, obwohl das wahrlich kein herausragendes Datum ist, zu seinem 60. Geburtstag mit höfischem Pomp feiern lassen. Als glanzvolle Begegnungsstätte mit Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur wählte er die altehrwürdige Hamburger Musikhalle. Die sicherlich nicht unbeträchtlichen Kosten dieser Fete trug der Gebührenzahler, mit Gremien-Zustimmung. Wir fanden damals, dass mindestens der Anfangsverdacht einer strafbaren Untreue vorliegen könnte. Der Intendant sah es für seine Person völlig anders. Er habe die Fete den Kontrolleuren lediglich vorgeschlagen und die hätten zugestimmt. Also könne man ihm keine Untreue vorwerfen. Wir sehen, für Rechtfertigungen ist kein Argument zu schade.

Was müsste sich ändern, wie wäre Schluss zu machen mit diesen Verhältnissen? Die Perspektiven sind wenig rosig. Das politische Establishment und die dahinterstehenden Eliten haben keinen Änderungsbedarf. Es läuft ja alles in ihrem Sinne. Systemkritischer Journalismus findet nicht statt. Konsequenterweise hat es seit 1991 keine nennenswerten strukturellen Änderungen am NDR-Staatsvertrag mehr gegeben. Nach 26 Jahren bilden noch immer dieselben vorgeblich relevanten Gruppen den Rundfunkrat. Es fehlen Wille und Fähigkeit unserer Volksvertreter, dem Rundfunkwesen anspruchsvoll-demokratische Strukturen zu verpassen. Selbst der Versuch, die nachträgliche Programmkontrolle auf externe Gremien zu verlagern, wie das beispielsweise in der Schweiz geschah, würde in Deutschland am Machtinteresse parlamentarischer Besitzstandwahrer scheitern.

Was tun? Die Auswahl ist nicht allzu groß, aber immerhin können wir Flagge zeigen und aufbegehren oder widersprechen. Öffentlich und hartnäckig. Zwar ohne Illusionen hinsichtlich der Wirkung auf Politik,
Rundfunkrat und Programm. Aber voll Vertrauen auf die Dynamik des Protests im gesellschaftlichen Diskurs.
Wir alte Männer können nichts weiter zum Fortschritt beitragen. Für den Barrikadenbau sind die Jüngeren zuständig. Aber was uns zu tun bleibt, das tun wir. So gut es geht.

 

02. Februar 2018 von Christine Horz
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