ARD und ZDF: Wo bleibt die Hintergrundberichterstattung zu PEGIDA ?
Das Jahr beginnt mit einer Enttäuschung. Wieder einmal kommen die öffentlich-rechtlichen Medien ihrem Funktionsauftrag der umfassenden Information des Publikums nicht in ausreichender Weise nach.
Hier einige der wichtigsten Versäumnisse:
Zu spät!
Die ARD und ZDF Nachrichtensendungen zur Primetime begannen erst mit wochenlanger Verzögerung mit der Berichterstattung über die völkischen Aufmärsche. Erst am 8.12.2014 – sieben Wochen nach dem ersten Protestmarsch am 20.10.2014 – berichtet erstmals das ZDF in heute 19 Uhr sowie die ARD- tagesschau (20 Uhr) über Pegida. In der Anmoderation der ZDF-heute Sendung am 8.12.2014 (ab 5:50 Min) spricht Petra Gerster von einer „neuen Welle des Protests“ in Dresden. Der Einspieler von Carsten Thurau macht jedoch klar, dass schon „seit mehreren Wochen“ und in „vielen deutschen Städten“ Pegida-Ableger auf die Straße gehen. Der tagesschau ist ein Bericht über die Proteste in Dresden, nach ausführlichen Beiträgen über Steuern, CSU und kaputte Atommüllfässer, nicht einmal eine halbe Minute wert (8:06-8:30 Min). In einer Nachrichtenwelt, die von der Echtzeit der Informationsvermittlung lebt, ist es unverzeihlich, wenn die mit Rundfunkbeiträgen finanzierten und verfassungsmäßig geschützten Öffentlich-Rechtlichen nicht rechtzeitig berichten. Konkret: eine Nachricht verliert ihren eigentlichen Sinn, wenn sie zu spät kommt. Denn sie kann dann nicht mehr ihrem Zweck dienen, zum aktuellen Diskurs im demokratischen Rechtsstaat beizutragen. Diese verzögerte Berichterstattung bewirkt somit das Gegenteil von Aufklärung der Bevölkerung. Eine derartige Fehlleistung bleibt jedoch folgenlos für die verantwortlichen Redakteure. Hier zeigt sich überdeutlich das Versagen der bestehenden Kontrollgremien, denn sie sollen darüber wachen, dass öffentlich-rechtliche Medien ihre verfassungsmäßigen Aufgaben wahrnehmen. Einmal mehr wird klar, dass die Organisation des öffentlich-rechtlichen Systems stark reformbedürftig ist und dringend einer Kontrolle von außen bedarf.
Zu wenig!
Wo bleiben die ARD-Brennpunkte und ZDF-spezials? ARD und ZDF haben mit diesen Formaten die Möglichkeit tagesaktuelle Hintergrundinformationen zu liefern. Die wenigen verbliebenen und in der Vergangenheit beständig gekürzten Polit-Sendungen wie Monitor, Report, Frontal und Fakt bieten eine Ergänzung aber kein Ersatz. Hier schalten längst nicht so viele ein wie bei den Nachrichtensendungen zur Primetime und den direkt im Anschluss ausgestrahlten Brennpunkt und Spezial-Sendungen. Sicher kann ein Zuviel an Aufmerksamkeit dieser Bewegung weiter Zulauf bescheren. Durch eine komplexere Berichterstattung kann man dies jedoch umgehen – wie erleben Einwanderer und Flüchtlinge die Proteste, was ist mit ihrer Angst? Wieder einmal kommen sie in den Öffentlich-Rechtlichen Nachrichtensendungen kaum selbst zu Wort.
Zu oberflächlich
Wann erfahren wir mehr über die Organisatoren und Unterstützer der Aufmärsche? Wer sind die Teilnehmer und was motiviert sie, dort mitzumachen? Was sagt die Wissenschaft zur Entsolidarisierung und rechtem Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft? Was raten NGOs?
Zu unkritisch!
Wann beginnen ARD und ZDF in ihren Nachrichtensendungen und im Brennpunkt und Spezial damit, die politischen Versäumnisse kritisch zu beleuchten? Welche Rolle spielt die Doppelstrategie der Regierung, selbst warnende Worte zu sprechen und gleichzeitig die CSU dafür einzuspannen, mit immer neuen Parolen am rechten Rand zu fischen? Wie verhalten sich Lokalpolitiker, wenn die Aufmärsche in ihren Städten stattfinden? Welche Strategie strebt die Bundesregierung an, um der Bevölkerung endlich die Bedeutung einer Einwanderungsgesellschaft in einer interdependenten Welt zu vermitteln?