#zdfneo: Böhmermanns Ressentiments statt Satire

Das ZDF hat ein umstrittenes Schmähgedicht auf den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan aus der Sendung des Neo Magazin Royal vom 1. April gelöscht. Das Satireformat hatte Erdogan darin u.a. als zoophilen Sexualverbrecher bezeichnet. Damit schoß Jan Böhmermann, der Moderator, der das Gedicht („Schmähkritik“) vorgetragen hatte, weit über das hinaus, was als Satire bezeichnet werden kann – auch wenn er erklärt, dass Schmähkritik in Deutschland verboten ist und ironisch anmerkt, dass europäische Rechstpopulisten offenbar kein Gegenstand von Satire seien.

Mittlerweile hat sich auch Angela Merkel beim türkischen Ministerpräsident Davutoglu entschuldigt. (Warum gibt es eigentlich zur Merkels Flüchtlingsdeal mit Erdogan kaum Satire?) Zu Recht, auch wenn Erdogans Türkei Meinungsfreiheit wenig achtet. Denn das Gedicht ist rassistisch und bedient anti-muslimische Ressentiments zuhauf. Satire soll aufklären und die Mächtigen auf’s Korn nehmen – und nicht uralte Feindbilder aktualisieren und Ressentiments bedienen. Das ist in der Tat unfassbar in einem öffentlich-rechtlichen Sender. Hier haben offenbar die journalistischen Kontrollmechanismen versagt. Auch Satire hat ihre Grenzen. Sie beginnen dort, wo Menschen verletzt werden.  Auch das ZDF hat  verstanden, dass hier eigene Grundsätze verletzt wurden, denn der Sender verpflichtet sich in seiner Satzung §3, Abs.3 die Würde des Menschen und religiöse Überzeugungen zu achten. Von Zensur kann also keineswegs gesprochen werden, weil das Gedicht vom Netz genommen wird.

Selbst wenn es sich doch nur um einen Aprilscherz von Böhmermann gehandelt haben sollte („am 1.April darf jeder ungestraft den größten Quatsch erzählen“) – er ist misslungen.

 

 

05. April 2016 von Christine Horz
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