#Rundfunkbeitrag: Länder fordern zum Sparen auf

In einem Interview mit promedia, das im Portal medienpolitik.net zweitveröffentlicht wurde, erhöht der Chef der sachsen-anhaltinischen Staatskanzlei, Rainer Robra, erneut den Druck auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu sparen. Sachsen-Anhalt gehört zu den Bundesländern, die die Empfehlung der KEF umsetzen wollen, die Rundfunkbeiträge um 29 Cent zu senken. Die Befürchtung, dass dann ab 2021 eine stärkere Erhöhung drohe, hält er für unseriös, da Prognosen über einen so weiten Zeitraum kaum zu treffen seien. Robra fordert, dass die Anstalten Ballast abwerfen und Doppelstrukturen abbauen müssten.

Sicher müssen die Sender ihre Strukturen straffen und gleichzeitig innovativer und offener werden. Die Frage bleibt, wie weitreichend das zu verstehen ist – denkt Robra (und womöglich andere Ländervertreter) mittel- bis langfristig auch über eine Fusion von ARD und ZDF nach? Auch ungeklärt bleibt in dem Interview, was damit genau gemeint ist, wenn er davon spricht, dass „der Gesetzgeber die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in abstrakter Weise festlegt.“ Klar ist, dass die Sender Programmfreiheit geniessen, der Gesetzgeber also keine konkreten Vorgaben bezüglich der Programminhalte machen darf. Allerdings ist der Funktionsauftrag rein rechtlich nicht an die öffentlich-rechtlichen Anstalten gebunden. Vielmehr kann der Gesetzgeber auch darüber entscheiden, wie er den Funktionsauftrag umsetzen möchte. Das heißt, dass auch öffentlich-rechtliche Sendefenster im ansonsten kommerziellen System möglich wären, der Funktionsauftrag nicht zwingend an die Anstalten gebunden ist. Dafür spricht auch die vage Aussage zur Aufgabe der Arbeitsgruppe „Auftrag und Strukturoptimierung der Rundfunkanstalten“ :

„Innerhalb der Arbeitsgruppe wird geprüft, welche Optionen bestehen, das Gesamtsystem öffentlich-rechtlicher Rundfunk effizienter zu gestalten als bisher. Es wird dadurch nicht in Frage gestellt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Medium und Faktor freier, individueller und öffentlicher Meinungsbildung unverzichtbar ist.“

Dass ein solches Modell letztlich nur einen Übergang zu einem rein kommerziellen System und einem erheblichen Verlust an Medienpluralismus und Qualität führt, zeigen die Beispiele Portugal und Neuseeland, die diesen Schritt gegangen sind. Das kann niemand wollen, der ernsthaft an möglichst unabhängiger Meinungsbildung interessiert ist.

Auch die Bedenken der Filmschaffenden, die endlich fair entlohnt werden sollten, räumt Robra aus dem Weg. Wenn keine Beitragssenkung käme, würden die Filmschaffenden auch nicht fairer entlohnt, da das überschüssige Geld in einen Fond fließen soll, der für Beitragsstabilität nach 2021 sorgen soll. Doch was passiert mit dem Fond und der Beitragsstabilität, wenn die Beiträge gesenkt werden? Entweder müssen die Sender noch mehr sparen und die Filmschaffenden hätten wieder einmal das Nachsehen. Oder der Beitrag würde nach 2021 voraussichtlich doch steigen.

Die Absenkung des Rundfunkbeitrags um 29 Cent ist bei vielen Beitragszahlenden populär, weshalb einige Ländervertreter sich dafür aussprechen. Für den Einzelnen bedeutet er tatsächlich eine kaum messbare Einsparung. In der Summe kann er jedoch große Auswirkungen auf das öffentlich-rechtliche System haben, die vorraussichtlich nicht nur positiv (im Sinne einer Qualitätsverbesserung, mehr Zuschauerbeteiligung, fairere Entlohnung der Kreativen etc.) sein werden.

Viel besser als auf die populären 3,48 € (pro Jahr!) zu schielen, wäre es, wenn sich die Länder über qualitative Verbesserungen Gedanken machen würden und sich gemeinsam mit Medienvertretern und Zuschauer/innen und Hörer/innen austauschen würden, was sinnvoll und möglich ist. Die Sendeanstalten sollten trotzdem kritischer werden und sich weniger am politischen Mainstream orientieren. Die ARD-Gremien haben die Entwicklung innovativer Konzepte angemahnt. Das Beispiel der BBC zeigt, dass kritische Beobachtung der Politik, verbunden mit qualitativ hochwertigem Programm und dem Dialog mit dem Publikum eine breite Machtallianz gegen einseitige Sparmaßnahmen der Politik schafft – und letztlich die BBC zu einer der vertrauenswürdigsten Institutionen gemacht haben.

 

02. August 2016 von Christine Horz
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